Full text: Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte

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Als er im ruhmreichen Kampfe des Jahres 18 <0 Schlacht auf 
Schlacht gewann, maß er in feiner frommen Demut Gott 
allein den Sieg zu. „Welche Wendung nach Gottes Fügung." 
schrieb Wilhelm an feine erlauchte Gemahlin, nachdem er bei 
Sedan den stolzen Franzofenkaifer famt feinem Heere gefangen 
genommen hatte.> . , 0. , 
Mit dieser Frömmigkeit verband er eine natürliche Liebens¬ 
würdigkeit nud Freundlichkeit, fo daß er als Ä^ensch wie kein 
zweiter von ganz Europa verehrt wurde. Wo immer er sich 
zeigte, jubelten ihm die Herzen entgegen. Beim Anblick feiner 
blauen Augen, aus denen Milde und Treue strahlte, ist manches 
harte Herz weich geworden. , _ _ , 
Dabei war er mutig und kühn, ein echter Soldat. Schon 
als 17 jähriger Jüngling erwarb er sich in der Schlacht bei Bar 
für Aube das eiserne ßrenz und den russischen St. Georgsorden, 
die nur als Lohn für Unerschrockenheit verliehen werden. Bei 
Königgrätz entzog er sich nur aus Bismarcks wiederholte Bitte 
dem Bereiche des Granatfeuers. ^ . . 
Aber den schönsten Zug seines Herzens erblicken wir überall 
in seiner Pflichttreue. . 
Selten hat ein Regent feine Aufgabe fo ernst erfüllt. Mit 
Hilfe des Fürsten Bismarck, des Kriegsministers Roon und des 
Feldmarschalls Moltke verbesserte er jahrelang das preußische 
Heerwesen. , 
Dauu folgten drei siegreiche Kriege: gegen Dänemark^), 
gegen Österreich**) nud gegen Frankreich***). Nach diesen Kriegen 
war er in gleichem Maße als Friedenssürst tätig. Aus dein 
schwachen, zersplitterten deutschen Lande schuf er ein einiges, 
mächtiges Reich. Kiel und Wilhelmshaven wurden große Kriegs- 
hüsen, Deutschland trat in die Reihe der Seemächte. Seit 
Wilhelm I. weht die deutsche Flagge, geehrt von den entferntesten 
Rationen, auf allen Meeren. Im fernen Afrika und Australien 
entstanden deutsche Kolonien.°f) Unablässig war der Kaiser 
tätig. Selbst als man ihn aus dem Totenbette zur Ruhe mahnte, 
da er müde sei, gab er gelassen zur Antwort: ,,^ch habe keine 
Zeit, müde zu stm."tt) 
Am 11. Juui 1879 feierte der 82 jährige Monarch das 
Fest seiner goldenen Hochzeit mit der Kaiserin Angnsta, am 
22. März 1887 feinen 90. Geburtstag. Au beiden Festen 
*) Vergl. Seite 135. **) Vergl. Seite 136 ff. ***) Vergl. Seite 137. 
t) Tie deutschen Kolonien sind in Afrika: Ostasrika, L>üdwestasrika, 
Kamerun, Togo; in Australien: Kaiser-Wilhelmsland auf Nen-Guinea, bei 
Bismarck - Archipel, die Marschall - Inseln, Karolinen-, Marianen- und 
Samoa-Inseln. ... 
tt) Vergl. im Anhang das Gedicht: Kaiser Wilhelms letztes Wort.
	        
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