Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns

36 4 69. Das bayerische Heer in den Jahren 1800 mit 1812. 
ein Vorwärtskommen möglich war! Höchst schädlich mußte ^namentlich das 
eingerissene Übel des Stellenkaufs wirken, der es z. B. dem jüngsten Leutnant 
des Regiments möglich machte sich mit einigen Tausend Gulden eine Haupt- 
maniistelle zu erwerben und aus diese Weise seine älteren Kameraden zu über¬ 
springen; durch diese Einrichtung war der Unfähigkeit Tür und Tor geöffnet. 
Eine der ersten Regierungshandlungen des Kurfürsten war es daher 
gewesen, daß er den Kauf und Verkauf der Offizierstellen abschaffte und den 
Grundsatz aufstellte, daß nur tüchtige Leute zu Offizieren vorgeschlagen werden 
dürften. Dazu geschah, was finanziell möglich war um die Stellung der 
Offiziere wie auch der Militärbeamten zu verbessern, indem die Gehälter und 
die Militärpensionen erhöht wurden; zur Abhilfe des Elends der Offiziers¬ 
witwen erfolgte die Gründung eines Militärwitwenfonds. Die bisherige 
Militärakademie, die nach ihrem Lehrpläne den Bedürfniffen der Armee als 
Offizierpflanzschule nicht entsprach, wurde als Kadettenkorps in eine rein 
militärische Anstalt umgewandelt. Um die Offiziere noch mehr zu tapferen 
Taten anzuspornen, wurde das für Auszeichnung im Kriege seit 1795 bestehende 
Militär-Ehrenzeichen in den mit besonderen Vergünstigungen ausgestatteten 
Militär-Max-Joseph-Orden umgewandelt. 
Nicht minder erstreckte sich die Sorgfalt des Kurfürsten aus die Hebung 
des Loses und der Stellung der Mannschaften. Das stehende Heer wurde 
damals noch durch Werbung ergänzt und nebenbei bestand eine gesetzliche 
Bestimmung, wonach Landstreicher, Arbeitsscheue, Trunkenbolde und ähnliche 
Subjekte behufs Besserung eingestellt werden konnten; es mochte daher gewiß 
nicht als Ehre gelten des Kurfürsten Rock zu tragen und war auch nicht zu 
verwundern, daß solche Leute in schwierigen Lagen wie in den Walbgefechten 
bei Hohenlinden einfach Reißaus nahmen und ihre Offiziere im Stiche ließen. 
Zunächst wurde daher die Einreihung von übel beleumundeten Leuten zum 
Zwecke der Züchtigung unb Beffenuig verboten. Alsdann kam nach franzö¬ 
sischem Muster an Stelle der Werbung die Aushebung der militärdiensttaug- 
Üchen Mannschaften zur Einführung, wodurch die Pflicht des Staatsbürgers 
zur Verteidigung des Vaterlandes, wenngleich noch mit ziemlich weitgehenden 
Ausnahmen zu Gunsten der bemittelten Stände, festgesetzt und die Einstellung 
besserer Elemente in die Reihen des Heeres gesichert wurde. Auch ergingen 
Verordnungen zur Verbesserung der Verpflegung wie auch der Behandlung der 
Mannschaften. Bemerkenswert ist vor allem ein Armeebefehl vom 9. Juli 1804, 
der sich mit den Soldatenmißhandlungen besaßt, in dem der Kurfürst unter 
anderem sagt: „Wir waren nie gesinnt, Unsere geliebten Untertanen den lau¬ 
nischen, eigenmächtigen Ausfällen unmenschlicher Mißhandlungen je preiszugeben, 
sondern Wir wollen dieselben gegen jede Bedrückung, welche aus dem Mi߬ 
brauche der Gewalt entstanden ist, in Schutz nehmen, und verordnen daher, 
daß es jedem Offizier und Unteroffizier ohne Unterschied des Grades und der 
Waffe verboten fei einen Mann willkürlich mit dem Stocke, Säbel, Degen
	        
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