Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns

394 
72. Die Isar als Verkehrsstraße einst und jetzt. 
auch Fische und Knoblauch), Handschuhe, Sensen und Sichel, Beuteltücher für 
Müller, Krämer- und Buchdruckerwaren, „welsche Früchte", Baumwolle, 
Lorbeerblätter, Reis, „Schamlot und Arras", Teppiche, Silbergeschirr, Tuch, 
Pergameut, Draht, Wetz- und Schleifsteine. Noch vielseitiger war endlich die 
Ladung der aus München kommenden Fahrzeuge. Auf ihnen traf man nicht 
nur die sämtlichen eben ausgeführten Gegenstände sondern ferner noch Felle, 
Kleidungsstücke, Filzhüte, Kürschnerwaren, Gewürze, Wein und Weiubeereu, 
Pomeranzen, Zwetschgeu, Bier, Kupfer, Pulver, Glas, Blei, Galmei, Flaschen, 
Hirschgeweihe, Pfeifen zum Musizieren, Schreiuer- und Kistlerarbeiten. 
Im 17. Jahrhundert erfuhr zwar der Floßverkehr auf der Isar haupt¬ 
sächlich wegen des Dreißigjährigen Krieges — litt doch selbst der Jsarwiukel 
mehrmals unter deu Einfüllen der Schweden •— vielfache Hemmnisse. Trotzdem 
erfolgten Fahrten die Donau abwärts bis uach Uugaru gerade vonseiten der 
Oberländer Flößer häufig. Darauf weist so mauche Grabschrist oberhalb der 
Greiuer Stromeuge unterhalb Linz nicht minder hin als die in den Tölzer 
Pfarrbüchern öfters verzeichnete Tatsache, daß Floßleute der „uugarischeu 
Krankheit" (wahrscheinlich einer Art Dysenterie) erlagen, welche sie aus Ungarn 
eingeschleppt hatten. Harte noch sind in Ofen und Pest Nachkommen uralt 
angesehener oberländischer Flößerfamilien ansässig. Als leichte Rückfracht 
wurden aus Österreich gewöhnlich seidene, nach orientalischen Mustern geblümte 
und gefranste Brust- und Halstücher für Frauen und Mädcheu mitgebracht. 
Auch in den Dienst der Kriegführung wurden die Flößer des Jsarwinkels 
gestellt und zwar besonders gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Ihre Bekannt¬ 
schaft mit dem Wasserwege nach Ungarn sowie die Raschheit und Billigkeit der 
Provianttransporte auf Isar und Donau war besonders in den Feldzügen 
Max Emannels gegen die Türken willkommen. So kam z. B. von der kur¬ 
fürstlichen Hofkammer 1684 Befehl nach Tölz 30 Flöße mit Nahrungsmitteln 
und Schießbedarf nach Ungarn gehen zu lassen — und der Aufforderung 
ward Folge geleistet. In demselben Jahre wurde auch die Hosmark Hohen- 
lnirg (bei Leuggries) angehalten 30 Fergen znr gleichen Fahrt nach Ungarn 
auszubringen. Während der Belagerung Oseus durch die 8000 Mann starke 
bayerische Hilfsarmee mußte der Pflegeamtsverwalter von Tölz 90 ausgewählte, 
jeder Gefahr gewachsene Jsarwinkler mit Vorräten verschiedenster Art ins kur¬ 
fürstliche Lager abgehen lassen. Sie kamen samt ihren Fahrzeugen glücklich 
vor Ofen an und diejenigen, welche die Dysenterie verschont hatte, zogen im 
September 1686 mit den Kriegslenten in die eroberte Festuug. — Ähnlich 
wurde im Kampfe der Landesverteidiger mit den Österreichern 1705 den zum 
Entsatz Münchens herbeigeeilteu Bauern des Oberlandes zu Wasser Mundvorrat 
und Proviant nachgesührt. Man erzählt sogar, daß die Flößer von der 
Lände wegstürmten um am letzten, todesmutigen Ringen in Sendling teil¬ 
zunehmen. Daraus erklären sich vielleicht die harten Maßregeln, welche der 
österreichische Statthalter auch gegen sie erließ. Noch am 6. Februar 1708
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.