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72. Die Isar als Verkehrsstraße einst und jetzt.
auch Fische und Knoblauch), Handschuhe, Sensen und Sichel, Beuteltücher für
Müller, Krämer- und Buchdruckerwaren, „welsche Früchte", Baumwolle,
Lorbeerblätter, Reis, „Schamlot und Arras", Teppiche, Silbergeschirr, Tuch,
Pergameut, Draht, Wetz- und Schleifsteine. Noch vielseitiger war endlich die
Ladung der aus München kommenden Fahrzeuge. Auf ihnen traf man nicht
nur die sämtlichen eben ausgeführten Gegenstände sondern ferner noch Felle,
Kleidungsstücke, Filzhüte, Kürschnerwaren, Gewürze, Wein und Weiubeereu,
Pomeranzen, Zwetschgeu, Bier, Kupfer, Pulver, Glas, Blei, Galmei, Flaschen,
Hirschgeweihe, Pfeifen zum Musizieren, Schreiuer- und Kistlerarbeiten.
Im 17. Jahrhundert erfuhr zwar der Floßverkehr auf der Isar haupt¬
sächlich wegen des Dreißigjährigen Krieges — litt doch selbst der Jsarwiukel
mehrmals unter deu Einfüllen der Schweden •— vielfache Hemmnisse. Trotzdem
erfolgten Fahrten die Donau abwärts bis uach Uugaru gerade vonseiten der
Oberländer Flößer häufig. Darauf weist so mauche Grabschrist oberhalb der
Greiuer Stromeuge unterhalb Linz nicht minder hin als die in den Tölzer
Pfarrbüchern öfters verzeichnete Tatsache, daß Floßleute der „uugarischeu
Krankheit" (wahrscheinlich einer Art Dysenterie) erlagen, welche sie aus Ungarn
eingeschleppt hatten. Harte noch sind in Ofen und Pest Nachkommen uralt
angesehener oberländischer Flößerfamilien ansässig. Als leichte Rückfracht
wurden aus Österreich gewöhnlich seidene, nach orientalischen Mustern geblümte
und gefranste Brust- und Halstücher für Frauen und Mädcheu mitgebracht.
Auch in den Dienst der Kriegführung wurden die Flößer des Jsarwinkels
gestellt und zwar besonders gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Ihre Bekannt¬
schaft mit dem Wasserwege nach Ungarn sowie die Raschheit und Billigkeit der
Provianttransporte auf Isar und Donau war besonders in den Feldzügen
Max Emannels gegen die Türken willkommen. So kam z. B. von der kur¬
fürstlichen Hofkammer 1684 Befehl nach Tölz 30 Flöße mit Nahrungsmitteln
und Schießbedarf nach Ungarn gehen zu lassen — und der Aufforderung
ward Folge geleistet. In demselben Jahre wurde auch die Hosmark Hohen-
lnirg (bei Leuggries) angehalten 30 Fergen znr gleichen Fahrt nach Ungarn
auszubringen. Während der Belagerung Oseus durch die 8000 Mann starke
bayerische Hilfsarmee mußte der Pflegeamtsverwalter von Tölz 90 ausgewählte,
jeder Gefahr gewachsene Jsarwinkler mit Vorräten verschiedenster Art ins kur¬
fürstliche Lager abgehen lassen. Sie kamen samt ihren Fahrzeugen glücklich
vor Ofen an und diejenigen, welche die Dysenterie verschont hatte, zogen im
September 1686 mit den Kriegslenten in die eroberte Festuug. — Ähnlich
wurde im Kampfe der Landesverteidiger mit den Österreichern 1705 den zum
Entsatz Münchens herbeigeeilteu Bauern des Oberlandes zu Wasser Mundvorrat
und Proviant nachgesührt. Man erzählt sogar, daß die Flößer von der
Lände wegstürmten um am letzten, todesmutigen Ringen in Sendling teil¬
zunehmen. Daraus erklären sich vielleicht die harten Maßregeln, welche der
österreichische Statthalter auch gegen sie erließ. Noch am 6. Februar 1708