29
Die mich kleiden und ernähren,
mich das Böse meiden lehren,
mich in allen Pflichten
liebreich unterrichten.
O, ich will die Eltern ehren,
mich bemüh'n, ihr Glück zu mehren,
will mich stets bestreben,
fromm vor Gott zu leben.
55. Die Entdeckung.
Fritz (mit einer Traube in der Hand zur Thür herein—
fommend und auf die Mutter zulaufend), „Hier, liebe
Mutter, hier bringe ich dir etwas Gutes. Ach, versuche
nur einmal, wie süß, wie süß!“
Mutter (traurig). Danke, lieber Fritz. Behalte doch die
Traube. Vor allem aber sprich, woher du sie hast“.
F. „Von unserm Herrn Pfarrer. Ich habe ihm auf
einer Leiter die Trauben an seinem Hause herabgemacht, und
da gab er mir diese dafür. O, versuche nur! ich habe auch
ein paar Beerchen davon gepflückt“. (Er will der Mutter
ein paar in den Mund stecken) —
M. (den Mund abwendend). „O,
gert und dürstet diesen Abend nicht“.
F. „Und warum nicht? — Ach, du bist traurig, Mut—
ter! Was fehlt dir? O, du hast geweint. Liebe Her—
zensmutter, was hast du?“
M. „Ach Kind, einen großen Jammer! Ich habe eine
schreckliche Entdeckung gemacht!“
F. „Eine schreckliche Entdeckung? O, mach' nicht, daß
ich weine! Ich kann deine Augen nicht naß sehen“.
M. „Soll ich nicht weinen, wenn meine Kinder, —
mein Liebstes auf Erden, die ich zu allem Guten erziehe,
die mir unser seliger Vater im Sterben noch auf die Seele
gebunden hat, so schändlich mißraten?“
F. „Gott, wie erschreckst du mich, Mütterchen! Hab' ich
was Böses gethan? Ach Gott, ich weiß es nicht einmal!“
M. „Du nicht, aber dein Bruder Karl“.
F. „Ach, der gute Karl! Was hat er denn Böses ge⸗
than? ist er dir nicht gefolgt?“