Full text: Das Mittelalter (Teil 2)

siegt, so ward Balder von Hodhr, dem Blinden, dem Gotte der 
Finsternis, getötet. Weil Balder so gut war, erzählt die Sage, nahmen 
die Götter (Äsen) von allen lebendigen und leblosen Dingen einen 
Eid, daß sie ihrem Lieblinge nicht schaden wollten. Nur die Mistel¬ 
staude vergaßen sie, welche sehr klein ist. Dann stellten sie Balder in 
ihren Kreis und schossen oder warfen nach ihm, um die Wirkung des 
Eides zu erproben. Nichts verwundete ihn. Da ersann Loki, der 
Dämon des verzehrenden Feuers, eine schlimme List. Er gab dem 
blinden Hödhr einen Mistelzweig in die Hand und forderte ihn auf, 
nach Balder zu werfen. Dieser that es, und Balder fiel tot zur Erde. 
Die Wohnung der Götter war Walhalla, dort thronte Wodan 
auf dem höchsten Sitze. Hier versammelte er auch die gefallenen 
Helden (die Einherier) um sich. Sie schmausten und zechten in der 
großen Halle oder kämpften znr Abwechselung miteinander im Hofe 
Walhallas; wer fiel, stand nach dem Spiele wieder ans und folgte den 
übrigen zu dem Mahle. Die Einherier waren die von Wodan zu seinen 
Kampfgenossen erkorenen Streiter, ihre Schar mußte sich ununterbrochen 
vergrößern, denn mit ihnen wollte Wodan den letzten Kampf mit den 
Urriefen ausfechten. Feierlich sandte er seine Botinnen, die Wal- 
kyrien (Schlachtenjungfrauen), hinab auf die Schlachtfelder, damit sie 
die gefallenen Helden auf ihr Roß nähmen und zu ihm hinauf nach 
Walhalla brächten. 
Es ist merkwürdig, daß die Germanen sich ihre Götter nicht als 
ewig dachten. Im letzten Kampfe mit den Urgewalten, im großen 
Weltbrande, sagten sie, werden Himmel und Erde, alle Götter und alle 
Menschen untergehen, aber aus den Trümmern wird eine neue Welt 
und ein neues Göttergeschlecht entstehen. 
Außer den angeführten wurden von den alten Deutschen noch 
andere Götter und Göttinnen verehrt, so z. B. die Lichtgöttin Ostara 
die Erdgöttin Nerthns, die Göttin der Unterwelt Hella, ferner die 
Nornen, die Schicksalsgöttinnen, welche ähnlich wie die Parzen den 
Lebenslauf des Menschen leiten und Vergangenheit, Gegenwart und 
Zukunft in ihrer Hand hallen. Auch an halbgöttlichen, dämonischen 
Wesen fehlte es nicht. Neben den schon erwähnten Riesen wnrden die 
zanberkundigen und goldschürfenden Zwerge gefürchtet, die dem Ge¬ 
schlechte der Schwarzelfen (Alben) angehörten. Außer den Schwarz¬ 
elfen gab es auch Lichtelfen; mächtig und bedeutsam war dieses 
Geschlecht der Elfen, welches weit verbreitet über die Erde das Leben 
in allen Höhen und Tiefen darstellte. 
Die Germanen waren zu der Zeit, als die Römer mit ihnen zu¬ 
sammentrafen, schon in dem Besitze einer gewissen Kultur. Sie schmie-
	        
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