siegt, so ward Balder von Hodhr, dem Blinden, dem Gotte der
Finsternis, getötet. Weil Balder so gut war, erzählt die Sage, nahmen
die Götter (Äsen) von allen lebendigen und leblosen Dingen einen
Eid, daß sie ihrem Lieblinge nicht schaden wollten. Nur die Mistel¬
staude vergaßen sie, welche sehr klein ist. Dann stellten sie Balder in
ihren Kreis und schossen oder warfen nach ihm, um die Wirkung des
Eides zu erproben. Nichts verwundete ihn. Da ersann Loki, der
Dämon des verzehrenden Feuers, eine schlimme List. Er gab dem
blinden Hödhr einen Mistelzweig in die Hand und forderte ihn auf,
nach Balder zu werfen. Dieser that es, und Balder fiel tot zur Erde.
Die Wohnung der Götter war Walhalla, dort thronte Wodan
auf dem höchsten Sitze. Hier versammelte er auch die gefallenen
Helden (die Einherier) um sich. Sie schmausten und zechten in der
großen Halle oder kämpften znr Abwechselung miteinander im Hofe
Walhallas; wer fiel, stand nach dem Spiele wieder ans und folgte den
übrigen zu dem Mahle. Die Einherier waren die von Wodan zu seinen
Kampfgenossen erkorenen Streiter, ihre Schar mußte sich ununterbrochen
vergrößern, denn mit ihnen wollte Wodan den letzten Kampf mit den
Urriefen ausfechten. Feierlich sandte er seine Botinnen, die Wal-
kyrien (Schlachtenjungfrauen), hinab auf die Schlachtfelder, damit sie
die gefallenen Helden auf ihr Roß nähmen und zu ihm hinauf nach
Walhalla brächten.
Es ist merkwürdig, daß die Germanen sich ihre Götter nicht als
ewig dachten. Im letzten Kampfe mit den Urgewalten, im großen
Weltbrande, sagten sie, werden Himmel und Erde, alle Götter und alle
Menschen untergehen, aber aus den Trümmern wird eine neue Welt
und ein neues Göttergeschlecht entstehen.
Außer den angeführten wurden von den alten Deutschen noch
andere Götter und Göttinnen verehrt, so z. B. die Lichtgöttin Ostara
die Erdgöttin Nerthns, die Göttin der Unterwelt Hella, ferner die
Nornen, die Schicksalsgöttinnen, welche ähnlich wie die Parzen den
Lebenslauf des Menschen leiten und Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft in ihrer Hand hallen. Auch an halbgöttlichen, dämonischen
Wesen fehlte es nicht. Neben den schon erwähnten Riesen wnrden die
zanberkundigen und goldschürfenden Zwerge gefürchtet, die dem Ge¬
schlechte der Schwarzelfen (Alben) angehörten. Außer den Schwarz¬
elfen gab es auch Lichtelfen; mächtig und bedeutsam war dieses
Geschlecht der Elfen, welches weit verbreitet über die Erde das Leben
in allen Höhen und Tiefen darstellte.
Die Germanen waren zu der Zeit, als die Römer mit ihnen zu¬
sammentrafen, schon in dem Besitze einer gewissen Kultur. Sie schmie-