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Eine Herbstwäsche war im Schlosse Hohen-Ziatz eine Ver¬ 
richtung. Eine große Arbeit war's, wo die Knochen sich rühren 
mußten, aber ein Fest auch. Die Hausfrau meinte, alle tüchtige 
Arbeit sei immer ein Fest, und wir meinen's auch. Wie hatte 
sie das alte Haus aus- und umgekehrt! Auf Hühnerleitern war 
sie selbst gestiegen und — darin traute sie keinem andern Auge 
— in alle Kammern und Winkel, daß jedes Wollen- und Linnen¬ 
stück, bis zum geringsten hinab, ein Sonntagsgesicht anlegen 
sollte. Drei Austwagen waren bepackt worden, und nachdem 
sie mit Stricken zugeschnürt und saubere Bastmatten darüber 
gelegt waren, hatte sich die Edelsrau selbst auf den vordersten 
gesetzt. Das war ein Auszug aus der Burg! Die drei Austwagen 
voran, die Mägde und Töchter der gnädigen Frau auf den zwei 
andern. Der Junker Hans Jochem wollte eine Leiter ansetzen, 
daß Agnes und (Stichen leichter hinauskämen. Frau Brigitte 
hatte es aber nicht gelitten; wie ein Ritter aufs Pferd müsse zur 
Not sonder Steigbügel und Prallstein, so sei eine große Wäsche 
der Dirnen ihr Ehr- und Schlachttag; müßten sich selbst zu helfen 
wissen, sonst wäre es nichts mit ihnen. Und ehe Hans Jochem • 
zuspringen konnte, waren Etichen und Agnes auf den großen 
Zeugwagen hinauf und lachten den Junker von oben aus. 
Drei Austwagen voraus, der vorderste von zwei Knechten 
mit Spießen und Pickelhauben geführt, dazu ein Hornbläser, 
um den eine Koppel Hunde kläffte! Dahinter folgten noch andere 
Wagen mit Bottichen, Kesseln, Stroh, Bänken, Decken, Fässern, 
Körben und was zur Lebensnotdurft diente. Die Frau sprach lächelnd 
zu denen, die sich drob wunderten: „Du sollst dem Ochsen, der da 
drischt, das Maul nicht verbinden." Und hintenan und zur Seite 
Reiter und Fußgänger mit Jagdspießen und Armbrüsten; ja einer 
trug sogar einen schweren Muskedonner. 
So zogen sie über die krachende Zugbrücke unter Musik 
und Gelächter, und der Türmer blies ihnen noch eine Weise nach, 
bis sie im Walde verschwunden waren. Daß sie Hunde und Spieße 
und gar ein Feuergewehr mitnahmen und bald ein Dutzend 
rüstiger Männer bei einem Geschäfte waren, das anderwärts 
nur die Frauen angeht, darüber wird sich niemand wundern, 
der weiß, wie es zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts in der 
Mark Brandenburg aussah. Wer außerhalb der Mauern einer 
Burg oder Stadt war, und er trug nicht den Bettlermantel um
	        
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