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süchtig oft wurden dort die wenigen Zeilen erwartet, und kamen sie,
wie atmete da manch bedrücktes Vater- und Mutterherz auf: „Gott
sei Dank, er lebt!" — Für die verwundeten und Kranken aber,
Freund und Feind, sorgten in den durch ein rotes Kreuz vor
allen Feindseligkeiten geschützten Lazaretten Arzte, Pflegerund
Pflegerinnen. Insbesondere sandten die evangelischen Iohanniter-
Hitter und die katholischen Malteser-Mtter freiwillige Krankenpfleger
ms Feld. Großen Segen stifteten die Barmherzigen Schwestern
und die Diakonissinnen, die unermüdlich und voll weiblichen
Heldenmutes den Krankenpflege und Labung, den Zagenden Tröstung
brachten. In der Heimat stellte sich die Kaiserin Kugusta an die
Spitze all dieser Unternehmungen. Das war das Schöne an diesem
Kriege, daß er das ganze deutsche Volk in brüderlicher Liebe vereinte,
fluch die deutsche Jugend wollte nicht zurückstehen. Die Schüler
baten um (Erlaubnis, auf den Bahnhöfen den durchfahrenden Kriegern
(Erfrischungen und Nahrung reichen zu dürfen. Die Mädchen schnitten
tn den Schulen unter Leitung der Lehrerinnen Verbandzeug, nähten
Binden und zupften Scharpie, womit man damals Wunden verband.
4. König Wilhelm bei verwundeten, wie die Königin
daheim, so benutzte auch der König im Felde jede Gelegenheit, seinen
verwundeten Soldaten durch freundliche Trostworte ihre Leiden ZU
erleichtern, wie war da mit einem Male aller Trübsinn, alle Nieder¬
geschlagenheit verschwunden, wenn der greise Heerführer sie mit seinen
gütigen Blicken ansah, wenn sie seine freundliche Stimme hörten!
(Einmal trat der König an das Bett eines Schwerverwundeten, der
schlief. Huf dem Bette lag ein Buch, worin der junge Soldat gelesen
hatte. Der König nahm es und schrieb hinein: „Mein Sohn, gedenke
Deines treuen Königs! Wilhelm!" Als der verwundete erwachte und
die Zeilen las, weinte er vor Freude, wenige Tage später besuchte
der König ihn wieder. Der Tod war dem Armen schon nahe. Aber
als er den König erkannte, richtete er sich noch einmal auf und sagte
mit letzter Kraft: „Majestät, ich werde Ihrer gedenken auch dort oben,
ctmen." Dann fiel er zurück und verschied. Tief ergriffen blieb der
König betend vor dem Lager stehen; dann drückte er dem Toten die
flugen zu und ging tränenden Auges von dannen.
86. Strafeburg unb Metz. Der französische Volkskrieg.
1. Straßburg und Metz, während König Wilhelm mit
einem großen Heere Paris belagerte, machten die Deutschen anderswo