— 66 —
auf den Gedanken, die Buchstaben einzeln aus Holz zu schnitzen, an¬
einander zu reihen und abzudrucken. Waren so einige Seiten vollendet,
so konnte man die Buchstaben wieder auseinander nehmen, zu andern
Seiten benutzen und so ein gauzes Buch zustande bringen. Die ersten
Versuche befriedigten noch nicht, weil die Holzbuchstaben sich schnell ab¬
nutzten und leicht zerbrachen. Aber Gutenberg ward nicht müde, seine
Kunst weiter auszubilden. Er kehrte nach Mainz zurück und verband
sich dort mit Johann Fust, einem Goldschmied, und mit dem sehr
geschickten Peter Schösser aus Gernsheim zu neuen Versuchen.
Gutenberg und Schösser erfanden die Kunst, die Schriftzeichen aus
Metall in Formen zu gießen, während bisher jeder einzelne Buchstabe
geschnitzt wurde. So machte die wichtige Erfindung immer weitere Fort¬
schritte, und bald war man imstande, ganze Bücher mit einzelnen Lettern
zu drucken. Das erste so gedruckte große Werk war eine lateinische Bibel.
Alles staunte über die neue Kunst, welche die Erfinder sorgfältig geheim
hielten. Die Mönche, die ihre Klöster in der einträglichen Arbeit des
Bücherabschreibens bedroht sahen, verschrieen sie als Schwarzkünstelei.
Allein das Geheimnis konnte nicht lange bewahrt bleiben. Durch die
Druckergesellen der Mainzer Werkstätte wurde die Erfindung weiter
verbreitet. Bald entstanden Buchdruckereien in mehreren andern Städten,
und nach kaum 50 Jahren druckte man Bücher in fast allen Ländern
Europas.
6. Wichtigkeit der Duchdruckerlrunst. Welche gewaltigen Folgen
diese Erfindung haben mußte, läßt fich leicht begreifen. Was weise
Männer Großes und Herrliches dachten und ersannen, das konnte nun
in kurzer Zeit allen bekannt werden. Das Wort Gottes konnte aus
den Bücherschätzen der Kirchen und Klöster auch in die Hände des Volkes,
ja in die Hütten der Armen gelangen. Der Unterricht in den Schulen
wurde durch die gedruckten Bücher sehr erleichtert. Erst durch sie ist
es möglich geworden, daß die geistige Bildung in immer weitere
Kreise dringen, immer mehr zu einem Gemeingute der Menschen
werden sonnte. (.:
3V Entdeckungsfahrten der Portugiesen.
1. Der Handel mit dem Morgenlande. Seit den Kreuzzügen
waren die Völker Europas wieder in lebhaften Verkehr mit dem Mor¬
genlande getreten. Vor allen trieben die Seestädte Italiens, Venedig
und Genua, mit den kostbaren Erzeugnissen Indiens einen höchst ge-