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staunenswerten Werke des Friedens dem deutschen Volke wieder ein
großes einiges Vaterland geschaffen und Deutschland aus ohn¬
mächtiger Zersplitterung zur ge biete ndenWeltmacht erhoben.
2. Seine Jugeud. Prinz Wilhelm wurde am 22. März 1797
geboren. Er war der zweite Sohn Friedrich Wilhelms III. und der
unvergeßlichen Königin Luise. Schon früh, in den Tagen des Schreckens
und der Niederlagen, lernte der Prinz die schweren Schicksalschläge
fühlen, die das preußische Königshaus und sein armes Vaterland
trafen. An den Tränen seiner Mutter und an den bekümmerten Ge¬
sichtszügen seines Vaters erkannte der Knabe das Unglück, das auf
Preußen lastete. Unauslöschlich prägten sich alle jene traurigen Scenen
der Flucht fernem Gemüte ein, und mit bebendem Herzen lauschte er
auf die Worte der unglücklichen Mutter, als sie auf der Flucht zu ihren
Söhnen sagte: „Ruft künftig, wenn eure Mutter nicht mehr lebt, diese
unglückliche Stunde in euer Gedächtnis zurück! Vielleicht läßt Preußens
Schutzgeist sich auf euch nieder. Suchet den jetzt verdunkelten Ruhm
eurer Vorfahren von Frankreich zurückzuerobern. Werdet Männer
und geizet nach dem Ruhme großer Feldherren und Helden! Wenn euch
dieser Ehrgeiz fehlte, so würdet ihr des Namens von Prinzen und
Enkeln des großen Friedrich unwürdig sein." Wenige Jahre darauf
sah Prinz Wilhelm feine über alles geliebte Mutter ins Grab sinken.
Aber ihr Bild lebte weiter in seiner Seele, und die Erinnerung an
diese unvergleichliche Mutter war ihm ein heiliges Vermächtnis, ein
Trost und ein Sporn in den Tagen schwerer Prüfung. Schon früh
zeichnete sich der Prinz durch feinen ernsten Charakter aus, durch seinen
praktischen Geist und durch einen ausgeprägten militärischen Sinn.
Voll Begeisterung setzte der sechzehnjährige Jüngling es durch, daß er
den Krieg gegen Napoleon im Jahre 1814 mitmachen durfte. Ja, er
zeigte so viel Mut und Entschlossenheit, daß ihm das eiserne Kreuz zu
teil wurde. An der Seite seines Vaters zog er mit den siegreichen
Truppen in Paris ein. Im nächsten Jahre wurde Prinz Wilhelm
konfirmiert, und hierzu hatte er seine „Lebensgrundsätze und Gelöb¬
nis" niedergeschrieben. „Ich weiß," sagte er darin, „was ich als
Mensch und Fürst der wahren Ehre schuldig bin. Nie will ich m
Dingen meine Ehre suchen, in denen nur der Wahn sie finden kann.
Meine Kräfte gehören der Welt, dem Vaterlande. Ich will unablässig
tätig sein, meine Kräfte auf das beste anwenden und so viel Gutes
stiften, als in meinem Vermögen steht. Verderbte Menschen und
Schmeichler will ich von mir weisen." Nach der Rückkehr Napoleons