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Alle Arten, sein Brot zu verdienen, sind einem ehrlichen Manne gleich
anständig. Lessing.
Zwei Hälften machen zwar ein Ganzes, aber merk:
Aus halb und halb gethan entsteht kein ganzes Werk.
Rückert.
Lust und Liebe zu einem Dinge
macht alle Mühe und Arbeit geringe.
Mancher weiß nicht, was er kann,
wenn er's übet, geht es an.
Volksmund.
48. Der beste Empfehlungsbrief.
Auf die Annonce eines Kaufmannes, durch welche ein
Comptoirknabe gesucht wurde, meldeten sich 50 Knaben. Der
Kaufmann wählte sebr rasch einen unter denselben und ver—
abschiedete die anderen. „Ich möchte wohl wissen,“ sagte ein
Freund, „warum du gerade diesen Knaben, der doch keinen ein—
zigen Empfehlungsbrief hatte, bevorzugtest.“ — „Du irrst,“
lautete die Antwort. „Dieser Knabe hat viele Empfehlungen. Er
putzte seine Füsse ab, ehe er ins Zimmer trat, und machte leise
die Thũr zu; er ist daher sorgfältig. Er gab ohne Besinnen seinen
8Stuhl jenem alten lanmen Manne, was seine Herzensgüte und
Aufmerksamkeit zeigt. Er nahm seine Mütze ab, als er hberein—
kam, und antworteté auf meine Fragen schnell und sicher; er
ist also höflich und hat Nanieren. Er hob das Buch auf,
welches ich absichtlich auf den Boden gelegt hatte, vährend
alle übrigen dasselbe zur Seite stiessen oder darüber stolperten.
Er wartete ruhig und drängte sich nicht heran, — ein gutes
Zeugnis für sein anssständiges Benebhmen. Ich bemerkte ferner,
dass sein Rock gut ausgebürstet und seine Hände und sein Ge-
sicht rein waren. Nennst du dies alles kKeinen Empfehlungsbrief?
Ieh gebe mehr darauf, was ich von einem Menschen weils, nach-
dem ich ihn zehn Minuten lang gesehen, als auf das, wvas in
schön klingenden Empfehlungsbriefen geschrieben steht.“
Magdeburger Zeitung.
49. Der Lehrling.
Nicht feine Kost, nicht weiche Betten,
nicht träge Zeit an manchem Tag
kann so ans Haus des Meisters ketten,
wie es die Freundlichkeit vermag.
Beim Ärmsten bleibt man und mit
Freude,
der uns belehrt mit mildem Wort;
doch, wo man sich zu fragen scheute,