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3. Oer deutsche Zorn. In Deutschland entflammte der
ruchlose Überfall den heiligen Zorn, der unsere Heere schon 1813
bis 1815 und 1870—1871 zum Ziege geführt hat. Jedem aus dem
herzen gesprochen war das Kaiserwort: „3 n auf gedrungener
Notwehr, mit reinemGewissen und reiner Hand er¬
greifen wir das Schwert." Aber jeder wußte auch, daß ein
Ringen aufleben und Tod bevorstand, gegen eine gewaltige Über¬
macht; daß es die Zukunft aller Deutschen in der ganzen Welt
galt; daß Niederlage Vernichtung des deutschen Volkes bedeute.
Da gab es keine Parteien mehr; aller innere Hader der Friedens-
zeit war vergessen; es ward „Burgfriede". In einmütiger Be¬
geisterung bewilligte der deutsche Reichstag die ersten zur Krieg¬
führung geforderten fünf Milliarden. Die Reservisten und Land¬
wehrleute strömten zu ihren Truppenteilen, der Landsturm ward
sofort aufgeboten. 3n wenigen Tagen hatten die (Eisenbahnen
ohne Unordnung, ohne Störung die Riesenheere an die Grenzen
geschafft. Über eine Million Kriegsfreiwilliger meldeten sich; der
Ehrentod ward zu einem (Ehrenrecht, daß sich nicht nehmen lassen
wollte, wer waffenfähig war. Das ganze Volk fühlte sich als eine
große $amilie, und wer nicht im feldgrauen Rock hinauszog, der
suchte sonst dem Vaterland zu dienen, darunter Millionen deutscher
Frauen, die sich als Pflegerinnen verwundeter und kranker Sol¬
daten und zu anderem Liebeswerk meldeten.
Der deutsche Kaiser stiftete von neuem den Kriegsorden des
Eisernen Kreuzes, das seit den Befreiungskriegen als der
schönste Schmuck des tapferen Mannes gilt. Zu dem deutschen
Volke aber sprach er so:
„5ln das deutsche Volk! Seit der Reichsgründung ist es
durch 43 Jahre Mein und Meiner vorfahren heißes Bemühen ge¬
wesen, der Welt den Frieden zu erhalten und im Frieden unsere
kraftvolle Entwicklung zu fördern. Rber die Gegner neiden uns
den Erfolg unserer Arbeit.
„Alle offenkundige und heimliche FeindschaftvonDst und West,
von jenseits der See haben wir bisher ertragen im Bewußtsein
unserer Verantwortung und Kraft. Nun aber will man uns de¬
mütigen. Man verlangt, daß wir mit verschränkten Armen zu¬
sehen, wie unsere Feinde sich zu tückischem Überfall rüsten, man
will nicht dulden, daß wir in entschlossener Treue zu unserem
Bundesgenossen stehen, der um sein Ansehen als Großmacht kämpft