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nalversammlung in Frankfurt umsonst gearbeitet, war durch
Preußens siegreichen Kampf der Hauptsache nach geschaffen.
Freilich noch nicht völlig; die Staaten südlich vom Main,
Bayern, Württemberg, Badeu und der größere Teil des Gro߬
herzogtums Hessen, blieben vorerst uoch vom Bunde gesondert.
Aber auch ihre gesamte Wehrkraft sollte im Kriegsfälle mit
dem norddeutschen Bundesheere vereinigt unter den Oberbefehl
des Königs von Preußen treten. So war Deutschland dem
Anslaude gegenüber stark und mächtig; seine volle Einigung
stand in naher, sicherer Aussicht. Sollte sie auf friedlichem
Wege nicht erlangt werden, so mußte der nächste siegreiche Krieg
sie desto gewisser vollenden.
56. Der große deutsch-französische Krieg von 1870
und 1871. Deutschlands Erhebung.
(S. Karte IV.)
1. Preußen und Frankreich. — Nach dem Kriege
von 1866 war der König Wilhelm von Preußen darauf bedacht,
seilten durch die neuen Erwerbungen vergrößerten preußischen
Staat, der mm nicht mehr in zwei getrennte Teile zerfiel, sondern
ein wohlverbuudeues Ganzes bildet, durch landesväterliche
Fürsorge zu beglücken, sowie des gesamten deutschen Vaterlandes
Macht und Ansehen durch die Befestigung und den weiteren
Ausbau des norddeutschen Bundes zu erhöhen. Neue Kämpfe,
neue Kriegsehren suchte der siebzigjährige Heldengreis nicht
mehr. Die errungenen Siege hatten ihm den unverwelklichen
Ruhmeskranz aufs Haupt gesetzt. Der Wunsch, welchen er bei
seiner Thronbesteigung ausgesprochen, „Preußen zu neuen
Ehren zu führen," war in überschwenglich herrlichem Maße
erfüllt. Nun sollten — das war des Königs Wille — glück¬
liche Friedensjahre den siegreichen Feldzügen folgen. Allein
Preußens Emporsteigen, Deutschlands Aufschwung hatte auch
seine Neider und Feinde. Namentlich in Frankreich, das sich
für die erste der europäischen Mächte hielt, erhob sich ein unver-
Andrü, Deutsche Geschichte. Ausg. B. 10