Full text: Erzählungen aus der deutschen Geschichte

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„Stine,“ säd hei, „so n Herrn krigen wi nich wedder.“ „Dat weit de 
leiw Gott,“ säd sei, un beid' gungen trurig an ehre dägliche Arbeit. 
Fritz Reuter, Ut mine Stromtid. S. 3. 
79. Barbara Uttmann. 
Im Erzgebirge waren vor mehr als 300 Jahren die Silber- und 
Kobaltgruben erschöpft und neue Erzlager sobald noch nicht auf— 
zufinden. Das Gezahe der Bergleute rostete. Armut und Hunger 
hielten ihren gefürchteten Einzug in manches Häuschen und starrten 
aus den bleichen Gesichtern hervor. An Hilfe für alle war nicht 
zu denken; denn es gab dort nur wvenige bemittelte Menschen, und 
diese hatten nicht alle ein so menschenfreundliches Herz, wie Frau 
Barbara Uttmann, die in einem schmucken steinernen Hause 
wohnte und bekannt war in den Hütten der Armen und an den 
Betten der Leidenden. Woher sollte sie nehmen, um in dieser all- 
gemeinen Not zu helfen, wo fand sich eine nützliche und einträgliche 
Beschãftigung für die Gesunden, die aus Mangel an Arbeit die Hãände 
mutlos in den Schob legten? 
Eines Abends sab die edle Frau mit ihrer weiblichen Diener- 
schaft am Cpinnrade. Der Regen platschte gegen die runden, grünen 
Fensterscheiben, und der Wind pfiff um das Haus. Da schlug der 
grobe Hofhund gewaltig an und riß an seiner Kette, dab sie klirrte. 
„Erau Uttmann,“ sagte der eintretende Knecht, indem er ehrfurchts 
voll die Mütze von seinem krausen Haar zog, „drauben habe ich 
eine fremde Frau gefunden, was soll ich mit ihr machen?“ Barbara 
sah den Sprecher ernst an und befahl ihm, sich nach dem Begehr 
der Fremden zu erkundigen; der Knecht drehte jedoch die Mütze 
zwischen den Fingern und erwiderte: „Gefragt habe ich die Person 
wohl, aber sie hat eine Sprache, von der man kein Wort versteht.“ 
Frau Uttmann war längst aufgestanden; jetzt schritt sie der Tür zu 
und lieb ein armes Weib ein, das einen groben Pack dunkler, nasser 
Tücher auf den Armen trug, aus denen ein bleiches Kindergesicht- 
chen hervorlãchelte. 
„Setzt Euch,“ redete Barbara die Arme freundlich an, „wo 
kommt Ihr her und wohin führt Euer Weg?“ 
Die Frauen konnten sich nur mühsam verständigen; dennoch 
erfuhr Barbara, dab ihr Gast aus Brabant komme, wo der Herzog 
Alba, der Statthalter des Königs von Spanien, alle töten ließ, die 
bei ihm verdächtigt wurden, dab sie danach strebten, die spanische 
Herrschaft abzuschütteln. Albas Knechte waren auch in das friedliche 
Häuschen der Fremden gedrungen, hatten ihren Mann vor ihren 
Augen niedergemacht und ihr das Dach über dem Kopfe ange— 
zündet, s50 daß sie ihre Heimat in größter Not verlassen mubte. 
Barbaras Herz war erfüllt von Nitleid, sie tröstete die Frau, s0
	        
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