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3. Hermanns Ende. Angustus schickte den Tiberius
mit einem großen Heere an den Rhein. Er fand alles ruhig.
In den Jahren 14—17 unternahm Germaniens, des Drusns
Sohn, vier Feldzüge gegen die Deutschen. In dem zweiten
verwüstete er das Gebiet der Chatten und Marsen, schort
zog er zurück, da rief ihu ©egest durch Eilboten gegen Hermann
zu Hilfe. Germaniens kehrte um und rettete ©egest ans der
Belagerung. Dieser ließ seine Tochter Thusnelda, welche er
wieder zu sich genommen hatte, von den Römern gefangen fort¬
führen. Thusnelda schritt, ihrem Gatten ähnlich, ohne Thränen,
ohne Worte, die Hände gefaltet,_ mit gesenktem Blicke einher.
In der Gefangenschaft gebar sie ihrem Gatten, den sie nie
wiedersah, ein Sohnlein. Sie wurde in Rom im Triumph¬
zuge mit aufgeführt.
Als Hermann die Verräterei Segests erfuhr, eilte er von
Schmerz durchdrungen von Gau zu Gau und entflammte das
Volk zur Rache. Germaniens drang mit feinen Legionen bis
zum Teutoburger Walde vor, wo er das Schlachtfeld fand, auf
dem die Römer geblutet hatten. Auf den Altären fand man
noch die Reste der Geopferten. Gemanieus ließ die Gebeine
begraben, dann zog er wutentbrannt weiter, während sich die
Deutschen in die Wälder zurückzogen. Als es zur Schlacht
kam, zwang Hermann den Feind zum Rückzüge, und Cäeina,
der Unterfeldherr des Germaniens, entging nur mit Not dem
Schicksale des Vams.
Ans seinem vierten Feldzuge kam Germaniens mit einem
starken Heere bis an die Weser. Bei Jdistavisus (Minden) stieß
er aus die Cherusker. Bevor die Schlacht begann, suchte Hermann
seinen Bruder Flavins, der im römischen Heere diente, zu sich
herüberziehen. Er erinnerte ihn an die vaterländischen Götter
und an die Pflicht gegen sein Vaterland, aber er richtete nichts
aus. Es kam zu einer Schlacht, die vom Morgen bis in die
Nacht hinein dauerte. Die Cherusker unterlagen. Allein empört
über die Siegeszeichen der Römer stand alles Volk aus und
griff zu den Waffen. Die Schlacht begann zum zweitenmal.
Grimmig wurde auf beiden Seiten gefochten; die Römer schrieben
sich den Sieg zu, doch zogen sie sich zurück. In der Nordsee
zertrümmerte ein Sturm ihre Flotte.
Schon wollte Germaniens abermals vordringen, als er
von dem auf seinen Kriegsruhm eifersüchtigen Kaiser Tiberius
zurückgerufen wurde. Er erklärte, man wolle die Deutschen
lieber ihrer eigenen Zwietracht überlassen.