— 107 —
Aötius entgegen. Hier kam es zu einer furchtbar blutigen
Schlacht. Es war ein Kampf der gesitteten Welt gegen die
rohe Barbarei, welche die kaum aufgesproßte Blüte christlicher
Bildung wie ein Nachtfrost zu zerknicken drohte. Alle Völker von
der Wolga bis zum atlantischen Ocean waren hier ver¬
sammelt.
Es war im Jahre 451 an einem Herbsttage, als die
große Schlacht geliefert wurde. Auf Seiten der Verbündeten
nahm Theodorich mit feinen Westgoten den rechten Flügel ein,
Aötins mit den Römern den linken; Sangipan mit seinen
Alanen stand in der Mitte. Auf feiten der Hunnen standen
die Gepiden auf der einen Seite, die Ostgoten auf der andern,
Attila in der Mitte. Beide Armeen fochten mit Heldenmut.
Schon waren die Reihen der Römer durchbrochen und Theo¬
dorich gefallen, da warf sich der gotische Prinz Thorismnud
auf die Hunnen, und der Sieg der Verbündeten war entschieden.
Attila mußte sich in sein Lager zurückziehen. Er ließ in der
Wagenburg einen Scheiterhaufen errichten, um sich im Falle
der äußersten Not zu verbrennen. Aber seine Feinde blieben
ruhig. 200 000 Menschen waren auf beiden Seiten gefallen.
Die Westgoten bestatteten ihren gefallenen König und kehrten
in ihr Reich zurück.
Auch Attila ging nach Ungarn zurück. Aber schon im
folgenden Jahre (452) fiel er in Italien ein. Er erstürmte
und zerstörte die feste Stadt Aquileja und verheerte noch andre
Städte Oberitaliens. Die Bewohner derselben flohen auf die
kleinen Inseln des adriatischen Meeres und legten den Grund
zu der Stadt Venedig. Schon rückte Attila auf Rom zu.
Da kam ihm der greise römische Bischof Leo I. (der Große)
an der Spitze einer Gesandtschaft entgegen und bewog ihn
durch feine Vorstellungen, umzukehren.
Im Jahre 453 hielt Attila Hochzeit mit der schönen Jldiko
von Burgund. Diese stieß ihm den Rachestahl ins Herz. Bei
seiner Leichenfeier ritten die Hunnen mit abgeschnittenen Haaren
und zerfetzten Gesichtern um den in einem Prachtzelt ausge¬
stellten Leichnam ihres großen Königs. Dann legten sie ihn
in einen goldenen Sarg, den ein silberner und zuletzt ein eiserner
umschloß. Die Sklaven, welche das Grab gegraben hatten,
wurden getötet, damit niemand die Ruhestätte des Eroberers
erfahre.
Nach feinem Tode zerfiel fein Reich unter seinen Söhnen.
Die unterjochten Völker erhielten ihre Freiheit wieder. Die