Full text: Alte Geschichte (1. Bdchen)

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immer größer. Sein Reiteroberst Minucius wußte es durch¬ 
zusetzen, daß der Oberbefehl zwischen ihm und Fabins geteilt 
würde. Kaum sah sich jener frei von dem lästigen Zwange, so 
verließ er die sicheren Höhen und griff den Hannibal an. Dieser 
lockte ihn in einen Hinterhalt, und es würde kein Mann davon¬ 
gekommen sein, wenn nicht Fabins die Gefahr gesehen hätte und 
schnell dein bedrohten Minncins zn Hilfe gezogen wäre. Als 
Hannibal diesen kommen sah. zog er sich zurück und rief: „Die 
Wetterwolke, die immer ans den Bergen schwebte, ist endlich zur 
Entladung gebracht!" Nach der Schlacht berief Minucius seine 
Soldaten um sich: „Genossen," sprach er, „derjenige ist der erste 
Mann, der gut rät; derjenige der zweite, der gutem Rate folgt. 
Wer aber weder zu raten, noch dem Rate zu gehorchen versteht, 
ist der allgemeinen Verachtung wert. Fabins hat uns errettet. 
Stuf, laßt uns zu ihm und seinen Kriegern gehen, ihn als Vater, 
sie als unsre Retter begrüßen, und so uns wenigstens den Ruhm 
dankbarer Herzen gewinnen!" Alle gingen zum Heere des 
Fabins. „Nimm uns gütig auf unter deinen Oberbefehl!" 
sprach Minucius, und alle umarmten sich. Der Spottname 
Cnuetator wurde zn einem Ehrennamen. 
Die Römer wünschten den Krieg zu beendigen und stellten 
216 ein neues Heer aus unter dem kühnen Terentins Varr o 
und dem vorsichtigen Ämilins Paulus, welche mit dem 
Oberbefehl einen Tag um den andern wechselten. Letzterer 
widerriet eine Schlacht, doch der hitzige Varro griff die Karthager 
an. In kurzer Zeit war das ganze römische Heer vom Feinde 
eingeschlossen und erlitt beiCauuä eine furchtbare Niederlage, die 
größte im ganzen Kriege. 50 000 Römer, unter ihnen Ämilins 
Paulus und 80 Senatoren, waren tot, und fo viele Ritter, daß 
Hannibal einen ganzen Scheffel voll Ringe, deren jeder Rittet 
einen am Finger trug, nach Karthago sendete. Rom schien 
verloren; und es wäre verloren gewesen, wenn jetzt Hannibal 
von Karthago ans Unterstützung erhalten hätte. Gegen den 
Rat des Maharbal ging er nach Campanien, wo in Capua 
seine Soldaten in den Winterquartieren verweichlichten. Varro 
kam nach Rom zurück, wo ihm der Senat dankte, daß er am 
Staate nicht verzweifelt hatte. 
Hannibal suchte sich durch Bündnisse mit Sizilien und 
Maeedonien zu stärken. Allein die Römer zeigten in der Not 
eine unerschütterliche Standhaftigkeit. Sie rüsteten neue Heere 
ans, und der Feldherr Marcellus, den die Römer „das Schwert 
Roms" nannten, schlug den Hannibal 215 bei Nola aufs
	        
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