Full text: Neuere Geschichte (3. Bdchen)

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IX. Die Februarrevolution und ihre 
Jolgen. 
26. Februarrevolution. 
Um eine Reform der Wahlen zur Deputiertenkammer 
durchzusetzen, waren bereits 1847 in ganz Frankreich von der 
Fortschrittspartei sogenannte Reform-Bankette veranstaltet 
worden. Das waren Festmahle, bei denen die Wahlreform 
gepredigt und die Regierung aufs heftigste angegriffen wurde. 
Endlich bereitete man ein solches Reformbankett für den 22. 
Februar 1848 auch für die Stadt Paris vor. Alle Anstalten 
dazu waren getroffen, als die Regierung es tags zuvor ver¬ 
bot. Da brach der Sturm los. Es wurden bereits am 21. 
Februar hier und da Barrikaden aufgeworfen. Am folgenden 
Tage mehrten sich die Unruhen, und die Nationalgarde stimmte 
in den Ruf ein: „Es lebe Me Reform!_ Nieder mit Guizot!" 
Da entließ der König seinen treuen Minister. 
Die erregten Massen waren aber nicht mehr zu bändigen. 
Da drängte sich ein Zeitungsredakteur in die Tnilerien und 
rief dem ratlofen König zu: „Wenn Eure Majestät nicht auf 
der Stelle abdanken, so giebt es in zwei Stunden kein König¬ 
tum mehr!" Die Königin widerriet; der König schwankte; 
endlich schrieb er, daß er zu Guusteu seines Enkels, des Grafen 
von Paris, auf die Krone verzichte. 
Nun gab es keine Regierung mehr; jeder geregelte Wider¬ 
stand gegen die Revolution war unmöglich. Als der König 
seiner Gemahlin den Arm reichte, um sie zum Wagen zu 
führen, der sie nach Dreux bringen sollte, von wo aus man 
nach England flüchten wollte, sagte die Königin zn Thiers: 
„Das ist Ihr Werk, mein Herr! Sie verdienten nicht, einen 
so guten König zn haben!" Thiers entfernte sich schweigend; 
er hatte nur Guizot stürzen wollen. Zur schluchzenden Herzogin 
von Orleans sagte der König: „Helene, Sie bleiben bei den 
Kindern!" Diese folgte dem Präsidenten Düpin mit den Kindern 
in die Deputiertenkammer. Sie wurde achtungsvoll empfangen. 
Doch als ein Haufen berauschter Männer in den Saal drang 
mit dem Ruf: „Nieder mit der Regentschaft! Nieder mit den 
Bourbonen!" geriet alles in Verwirrung, und mit Mühe rettete 
sich die edle Frau aus dem Gedränge. Sie flüchtete sich mit 
ihren Söhnen nach Deutschland.
	        
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