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eine Konvention zustande kam, wonach sich Napoleon, gegen
Bürgschaft für die Unabhängigkeit des römischen Stuhles,
verpflichtete, seine Truppe» innerhalb zweier Jahre aus Rom
zu ziehen. Der Papst antwortete darauf mit der Eneyklika
und dem Syllabns, worin er die neuen religiösen und politischen
Grundsätze verwarf. Infolge der Konvention wählte Viktor
Emannel Florenz zur Hauptstadt des Reiches.
Doch auch Venetien sollte dem jungen Königreiche nicht
vorenthalten bleiben. In dem großen deutschen Kriege 1866
war Italien Preußens Bundesgenosse. Die blutige Schlacht
bei Custozza (24. Juni) hatte zwar die Folge, daß die
Italiener ein ferneres Vorrücken ausgeben mußten, und der
Seekampf bei Lissa (20.„Juli) fiel «och ungünstiger für
diese aus. Trotzdem trat Österreich infolge der preußischen
Siege Venetien an Napoleon ab, und dieser schenkte es Viktor
Emannel.
Nur der verkleinerte Kirchenstaat, beschützt von französischen
Truppen, blieb dem Papste. Als aber im Dezember 1866
die fremden Krieger aus Rom nach der Küste abzogen, erhob
sich Garibaldi, um auch diesen Landstrich für das Königreich
Italien zu erobern. Schon rückte er auf Rom los; da traten
ihm bei Mentana (am 3. Nov. 1867) die französischen uni)
päpstlichen Truppen entgegen und vernichteten seine Scharen.
So war die weltliche Herrschaft des Papstes durch fran¬
zösischen Schutz für jetzt gesichert, und Pins IX. konnte nun
an die Ausführung eines Lieblingsplanes denken. Er berief
zum 8. Dezember 1869 ein großes Konzil nach Rom, um
über die Befestigung des Glaubens, der Kirche und der Macht
des Papstes zu beraten. Dasselbe sprach sogar am 14. Juli
1870 die Unfehlbarkeit (Jnfallibilität) des Papstes ans. Doch
wurde der Glanz der päpstlichen Macht bald getrübt. Als
infolge des deutsch-französischen Krieges 1870 die Franzosen
den Kirchenstaat verließen, um in Frankreich zu kämpfen,
wurde derselbe am 20. Sept. von italienischen Truppen besetzt
und dem Königreiche Italien einverleibt. Dem Papste blieb
nur noch ein kleiner Teil der Stadt Rom.
30. Alexander II. von Rußland.
Frankreich hatte seit alten Zeiten ein Schutzrecht über die
Katholiken in Palästina. Dieses machte Napoleon III. bei
einem zwischen den römischen und griechischen Katholiken aus¬
gebrochenen Streite geltend. Er erlangte bei der Pforte
mehrere Vergünstigungen für die römischen Katholiken. Kaiser