Full text: Für Klasse IV (7. Schuljahr) (Teil 6, [Schülerband])

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93. Der Sptelmanns Lied. 
Die Felder in Thüringen waren geleert, die Viehherden weideten 
auf den Ltoppeln, und die Jäger zogen mit ihren funden in den Berg¬ 
wald. Nuch die Brüder Immos hatten einige Wochen den Heerschild 
5 getragen, sie waren gegen die Llbe gezogen, um einen Einbruch der 
Böhmen zu rächen, aber der Feind war ihnen eilig hinter seine Berge 
ausgewichen, und sie fanden nur die verkohlten Trümmer der nieder¬ 
gebrannten Höfe. Da waren sie unzufrieden heimgekehrt und sannen 
mit ihren Landsleuten auf einen vergeltenden Zug für das nächste 
io Frühjahr. 
Nls sie an einem herrlichen herbstabend von der Jagd zurückkamen 
und gerade über die Brücke eines Nachbardorfes ritten, fanden sie den 
Weg durch Gedränge der Einwohner gesperrt, und noch immer liefen 
die Leute aus den Höfen, einander zurufend und heranwinkend. In der 
i5 Mitte hielten Neiter, und um diese schloß sich der Ning. Die Jagdhunde 
der Brüder fuhren mit wütendem Gebell gegen den Haufen, und Erwin 
hatte Mühe, die Zerrenden an ihren Niemen zurückzuhalten. 
„Ls sind Fremde, welche ausgefragt werden," rief Grtwin, und 
schneller trabten die Nosse. Die Vorfleute machten den Jünglingen grüßend 
30 Platz, und diese fanden in der Mitte den Ipielmann Wizzelin, der wie 
ein Herr gekleidet und von einem dienenden Genossen begleitet war, 
welcher das Iaitenspiel bewahrte. Zwei Landleute hielten das Noß des 
Zpielmannes am Zügel, vor ihm standen die Öltesten des Dorfes und 
in großem Kreise alt und jung mit aufgerissenen^Nugen, Verwunderung 
25 und Helle Neugierde in den Gesichtern. „5ei gegrüßt, Zpielmanu," ries 
Ddo lächelnd, „wer deine Pferde betrachtet, muß rühmen, daß du Glück 
im Kriege gehabt hast." Wizzelin neigte sich artig und trieb sein Pferd, 
damit es die wohlgeformten Glieder rege. „Zn dem siegreichen Heere 
findet auch ein armer Zpielmann etwas Gutes," versetzte er stolz, 
so „wunderbares erzählt er von dem Glück des Königs, und wie die 
Burgen des Markgrafen brannten," berichtete ein alter Bauer. 
„Tag und Nacht könnte ich euch erzählen, niemand vermöchte in 
einem ttiedersitzen alle Heldentaten herzusagen," fuhr Wizzelin fort. 
„Buch bei euch raste ich einmal und singe unter der Linde- jetzt aber 
85 öffnet den Weg, denn ich begehre dringend weiterzuziehen." 
„Ich hoffe, du herbergst heut bei uns im Hofe," mahnte Gdo. Doch 
unter den Dorfleuten erhob sich Gemurr. „Er hat noch wenig gesagt," 
riefen mehrere stimmen. „Wir verlangen von den Nachbarn zu hören, 
welche freiwillig zu König Heinrich gezogen sind," schrien andere.
	        
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