Preußen nach dem Wiener Kongretz.
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VI. Preußen nach dem Wiener Kongreß
und der Deutsche Bund.
1. Preuszens neue Gestaltung. Der Wiener Kongreß mar
im November 1814 zusammengetreten und hat etwa ein halbes Jahr
gedauert. Die von Napoleon vertriebenen Könige und Fürsten wur¬
den wieder eingesetzt, aber der Besitzstand der einzelnen Länder erlitt
manche Veränderung, insbesondere erhielt ^Preußen eine große
Umgestaltung. Es trat seine alten Besitzungen Ansbach und Bay¬
reuth an Bayern und O st fr i es l an d nebst Lin gen und Hildes-
Heim an Hannover ab. Von seinen polnischen Besitzungen erhielt
"es nur Westpreutzen und die heutige Provinz Posen zurück,
das übrige fiel an Rußland. Dafür bekam Preußen aber die it ö rd -
liehe Hälfte des Königreichs Sachsen^ schwedisch Vor¬
pommern mit Rügen sowie umfangreiche Gebiete in West¬
falen und den Rh einland en, die es bisher nicht besessen hatte,
darunter die ehemaligen geistlichen Gebiete von Trier und Köln,
so daß Preußen hier im Westen zwei neue zusammenhängende Pro¬
vinzen, die Rheinprovinz und Westfalen, bilden konnte.
Trotzdem Preußen an Umfang gegen den Stand von 1806
etwas eingebüßt hatte und durch das neue Königreich Hannover in
zwei voneinander getrennte Teile zerschnitten worden war, so hatte
es doch insofern einen Gewinn, als es für die polnischen Länder
hauptsächlich d eut s ch e Länder eintauschte, so daß ihm nur noch ein
geringer Bruchteil polnischer Bevölkerung verblieb. So stand
Preußen jetzt als ein im ganzen rein deutscher Staat da, der seine
Sache nie von derjenigen Deutschlands trennen konnte.
2. Der deutsche Bund. Das ehemalige „Deutsche Reich"
wurde nicht wieder hergestellt; denn keine der beiden deutschen Gro߬
mächte, Preußen und Österreich, konnte und wollte sich der andern
unterordnen, und die Kleinstaaten legten auf die Gleichberechtigung
aller und auf die volle Selbständigkeit jedes einzelnen Staates den
größten Wert. Darum gründete man den „Deutschen Bund",
dem 3 9 Staaten angehörten; die außerdeutschen Länder Öster¬
reichs und die preußischen Provinzen Preußen und Posen gehörten
nicht dazu, wohl aber Luxemburg, Hannover und Schleswig-Hol-
stein, in denen auswärtige Könige (Niederlande, England und Däne¬
mark) herrschten.
Die gemeinsamen Angelegenheiten sollten vom Bundestage
besorgt werden. Er bestand aus den Gesandten aller deutschen
Staaten und hatte seinen Sitz in Frankfurt a. M. Den Vorsitz
im Bundestage führte Österreich, das damit die ganze Leitung in
die Hand bekam. Streitigkeiten zwischen den Bundesgliedern sollten