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Preußens Niedergang und Erhebung.
auf friedlichem Wege vom Bundestage geschlichtet werden. Alle
Bundesglieder versprachen, einander gegen jeden Angriff von außen
beizustehen. Ein Bundesheer wurde eingerichtet, aber einen stän¬
digen Bundesfeldherrn gab es nicht. Allen Deutschen wurde freie
Religionsübung und freier Umzug aus einem Staat in den
andern gestattet. Jeder Bundesstaat sollte eine ständische Ver¬
fassung erhalten.
Das war ein lockeres Band, das die deutschen Staaten von
nun an verknüpfen sollte, und schmerzlich war darum die Enttäuschung
des deutschen Volkes. Man hatte geglaubt, nach solchen großen
Opfern würde ein einiges und mächtiges Deutschland entstehen mit
einem Kaiser an der Spitze; statt dessen hatte man einen,
mächtigen, lockern Staatenbund erhalten, der in viele einzelne
Vaterländer zersplittert war und infolgedessen bei den Völkern der
Welt wenig Beachtung fand. Da war es kein Wunder, daß bald
viele Stimmen gegen solche Neuordnung laut wurden. Und wenn
sie auch durch allerlei Maßregeln unterdrückt wurden, im geheimen
bewahrten viele Bürger doch den Gedanken an deutsche Einheit und
Freiheit in ihren Herzen auf, bis endlich die Zeit der Erfüllung kam.
VII. Des Königs Friedenswerke.
1. Verwaltung des Landes. Nach Abschluß des 2. Pariser
Friedens konnte Friedrich Wilhelm III. noch 25 Jahre lang sich den
Werken des Friedens widmen. Um das Land besser verwalten zu
können, wurde das Königreich in 8 Provinzen geteilt, 6 alte
östliche und 2 neue westliche. Art die Spitze jeder Provinz trat ein
Oberpräsident. Jede Provinz setzte sich aus mehreren Regie¬
rungsbezirken zusammen, an deren Spitze ein Regierungs¬
präsident stand. Die Regierungsbezirke teilte man in Kreise,
die von Landräten verwaltet wurden. Diese Gliederung des
preußischen Staatskörpers und die Abstufung des Beamtentums be¬
steht im wesentlichen noch heute. In den einzelnen Provinzen wurden
seit 1823 Provinzial st ände eingerichtet; d. H. es wurden Ver-^
treter des Adels, der Städte und der Bauern gewählt, die
den Provinziallandtag bildeten. Dieser hatte die Befugnis,
über Gesetzentwürfe, die ihre Provinz angingen, ein Gut¬
achten abzugeben; er besaß also nur beratende Stimme. Zu
einer Gesamt st aatsverfassung mit einer Volksvertretung
für das ganze Land kam es noch nicht; das war erst einer spätern
Zeit vorbehalten.
2. Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht. Die neue
5>eereseinrichtung, die von Scharnhorst nach dem Frieden zu Tilsit ins