Object: Preußischer Kinderfreund

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48. Ausländische Gewächse. 
1. Die Baumwollenpflanzen. 
Von allen Stössen, welche die Menschen zur Bekleidung benutzten, nimmt die 
Baumwolle den ersten Platz ein. Sie kommt von einem Gewächs, welches zur 
Malvenfamilie gehört und entweder kraut- oder holzartig ist. Die Frucht ist 
eine Kapsel, welche sich in mehreren Klappen össnet und viel Samen einschliesst, 
welche mit einer langen, dichten, weissen, zuweilen gelben Wolle besetzt ist; 
diese Wolle ist die Baumwolle. 
Die Baumwollenpflanze erfordert ein warmes Klima; sie gedeiht innerhalb 
der Wendekreise und in den wärmeren Theilen der gemässigten Zone. Zur Herbst¬ 
zeit bietet ein Baumwollenacker einen ausserordentlich schönen Anblick. Dann 
lugt die schneeweisse Baumwolle aus den dunkelgrünen Blättern zwischen grossen, 
gelben Blumen hervor wie Lichtlein am Weihnachtsbaume; denn die Pflanze trägt 
zu derselben Zeit, wenn sie noch in der Blüthe steht, reife Frucht. Deshalb 
wird auch das Einsammeln eine längere Zeit fortgesetzt. Das geschieht, indem 
man dieKapseln, welche sich zu offnen begonnen haben, mit der Hand abpflückt. 
Sie werden dann getrocknet, und die Wolle wird von dem Samen getrennt. 
Muthmasslich ist der Baumwollenbau durch die Araber nach Europa ge¬ 
bracht. Z uerst wurde er in Spanien, dann Sicilien, dem südlichen Italien 
und Griechenland betrieben. Bis über die Mitte des vorigen Jahrhunderts war 
indess der Gebrauch der Baumwollenzeuge in Europa unbedeutend. Die wenigen 
Baumwollenwaaren, die man brauchte, holte man aus Indien und China. Seit¬ 
dem ist die Baumwollenfabrikation in Europa, besonders in England, zu einem 
ausserordentlichen Umfange gestiegen; ja man ist bereits dahin gekommen, dass 
ungeachtet des niedrigen Arbeitslohnes in Indien und China und ungeachtet des 
weiten Transports nicht unbedeutende Mengen Baumwollcnzeuge von Europa nach 
Indien ausgeführt werden. Diese ungewöhnliche Erscheinung verdankt man den 
Maschinen, die in England allein iy2 Millionen Menschen beschäftigen. Wenn 
Alles, was jetzt aus Baumwolle gearbeitet wird, mit den Händen bewerkstelligt 
werden sollte, so müsste jeder fünfte Mensch in ganz Europa in Baumwolle 
arbeiten. 
2. Das Zuckerrohr. 
Das Zuckerrohr, unserm Teichrohre sehr ähnlich, treibt einen 6—12, ja bis¬ 
weilen 20 Fuss hohen und 2 Zoll dicken, knotigen Halm mit schilfigen Blättern 
und hat oben einen Büschel Aehrenrispen. Der Halm ist durch und durch mit 
einem weissen, saftigen und süssen Mark angefüllt. Es wächst ursprünglich in 
Ostindiens wässerigen Gegenden wild, ist aber auch nach Cypern, Sicilien, 
Afrika und in die wärmeren Striche von Amerika verbreitet worden. 
Das durch Schnittlinge fortgepflanzte Rohr wird, wenn es reif ist, abgeschnitten 
und auf Zuckermühlen zwischen Walzen zerquetscht. Von den Zuckermühlen 
bringt man den Saft sogleich in die Siedehäuser, wo er durch Einkochen verdickt 
wird. Die so gewonnene Moskova de wird meistens nach Europa gebracht, wo sie 
in den Zuckersiedereien, deren es in Hamburg, Berlin, Magdeburg u. s. w. viele 
gibt, durch Kalkwasser, Rindsblut und Eiweiss gereinigt wird, und heisst dann 
raffinirter Zucker. 
3. Der Zimmetbaum. 
Der Zimmetbaum erreicht eine Höhe von 20 bis 30 Fuss, trägt eine Menge 
weitspreitziger Aeste und ist mit einer dichten Laubkrone geziert. Dieser Baum, 
dessen Rinde uns den Zimmet, eines der köstlichsten Gewürze, gibt, wird auf 
Ceylon, wie in einigen Theilen Südamerika’sin sehr grossen Gärten gezogen. 
Die Zimmetbäume werden gewöhnlich zweimal im Jahre geschält. Die Wohlge¬ 
rüche, welche sich beim Schälen verbreiten, sollen wahrhaft entzückend sein. Auf
	        
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