Die Capimlationen. 373
gangen, wich das preußische Heer zurück. Dasselbe wollte sich nach Weimar
zurückziehen, um an der Hohenlohe'schen Heeresabtheilung eine Stütze zu ge¬
winnen, als es klar wurde, daß auch diese bereits von gleichem Unglücke be-
troffen war. Beide geschlagene Theile flohen gegen einander, es erfolgte eine
allgemeine Auflösung, das Heer wurde in einzelne Haufen zersprengt, welche
von den nachrückenden Feinden einer nach dem anderen vernichtet wurden.^
Capitulationen der Festungen. Schmählicher aber als die Nieder¬
lage der preußischen Waffen war die unwürdige Verzweiflung, womit man
sich fast überall beeilte, dem Feinde ohne Gegenwehr Alles dahinzugeben.
Fast keine Behörde dachte an Widerstand, die meisten Festungen wurden dem
Feinde ohne alle Vertheidigung überliefert. Die altersschwachen Befehls¬
haber, statt durch den äußersten Widerstand Zeit bis zur Herankunft der
Russen zu gewinnen, zogen es vor und meinten, dem Könige am Besten zu
dienen, wenn sie den Feind durch schleunige Uebergabe zu versöhnen suchten.
Schon am ersten Tage nach der Schlacht bei Jena (15. October) wurde
Erfurt übergeben, und nachdem der Herzog Eugen von Würtemberg (am
17. October) bei Halle besiegt, die Preußen uuter Hohenlohe, Kalkreuth und
Blücher über die Elbe gedrängt waren, konnte Napoleon am 23. October
bereits von allen zwischen dem Rheine und der Elbe liegenden preußischen
Ländern, sowie von Braunschweig, Fulda, Hesseu-Kassel und den Hanse¬
städten Besitz ergreifen. Am 27. October hielt Napoleon seinen feier¬
lichen Einzug in Berlin. Die Minister hatten zuerst dort nochmals
Gegenwehr versuchen wollen, doch mußten sie darauf verzichten, indem der
Gouverneur, Fürst Hatzseldt, sich sogar weigerte, die großen Kriegsvorräthe
wegschaffen zu lassen, um nicht den Zorn des Siegers auf die Stadt zu zie¬
hen. Alle Vorräthe fielen Napoleon in die Hände. In rascher Aufeinander¬
folge capitnlirten die Festungen Spandau (am 25. October), Stettin (29.
October), Küstrin (1. November) und selbst Magdeburg, das Haupt¬
bollwerk des Landes, wo sich die Generale von Kleist und von Wartensleben
mit noch 19 anderen Generalen an der Spitze von 22,000 Mann am 8.
November schmachvoll ergaben. Der Fürst von Hohenlohe hatte mit seiner
Truppenabtheilung am 28. November bei Preuzlau capitulirt, nur der
General von Blücher rettete die Ehre der preußischen Armee, indem er
gegen drei französische Armeecorps in und bei Lübeck heldenmüthig focht,
bis auch er bei Ratkau, jedoch mit allen militärischen Ehren, capitnlirte
(7. November).
Napoleon ließ nun durch seine Feldherren die Marken und Pommern
besetzen, und während seine Verbündeten, die Baiern und Würtemberger,
gegen Schlesien marschirten, zog er selbst nach dem polnischen Südpreußen,
wo er uuterdeß durch einen Aufruf von Berlin aus die Polen zum Aufstande
gerufen hatte. Mit dem Kurfürsten von Sachsen, der bisher auf Preußens
Seite gestanden, schloß er den Frieden zu Posen, durch welchen derselbe
dem Rheinbünde beitrat, seine Truppen zum Kriege gegen Preußen hergab
und um diesen Preis ebenso wie früher die Fürsten von Baiern und Wür¬
temberg den Königstitel erhielt. Wiewohl durch ganz Polen der Aufruhr
entzündet wurde, mußten die Franzosen doch jenseits der Weichsel ihr sieg-