390 Königin Luise.
Vorsehung bestimmen würde, der Freiheit würdig in die Reihe der selbst,
ständigen Völker wieder eintreten könnte.
44. Königin Lnisen's Schmer) nnd Eob*).
Während Alles in Preußen der glorreichen Wiedererhebuug entgegen¬
harrte, wurde ein Herz schon vorher gebrochen, welches wohl am würdigsten
gewesen wäre, den Tag der Erlösung zu schauen; doch zu tief war es durch
des Landes Kummer berührt worden und schied vorzeitig im frommen Mär¬
tyrerthum dahin.
Wir haben die glücklichen Tage, die gemüthlichen Freuden der Königin
Luise oben geschildert, jetzt müssen wir ihr in den Tagen der patriotischen
Sorgen und Thränen folgen.
Schon als die Wolken des drohenden Ungewitters sich von Frankreich
her immer mehr um Preußen zusammenzogen, hatte die Königin nach und
nach immer lebhafteren Antheil an den sich vorbereitenden Ereignissen genom¬
men. Es war sonst nicht ihre Art und Neigung, sich um Staatsgeschäfte zu
kümmern, aber was ihren Gemahl tief bewegte und was des Volkes Wohl
und Wehe betraf, das konnte ihrem liebenden Herzen nicht fern bleiben. Sie
war eben aus dem Bade zu Pyrmont zurückgekommen, wohin sie im Früh¬
jahre 1806 wegen andauernder Leiden gegangen war, als ihr die schwere
Kunde mitgetheilt wurde, daß der Krieg gegen Frankreich beschlossen sei.
Napoleon hat unter anderen Schmähungen, mit denen er sie zu beflecken
suchte, der Welt einzureden gesucht, Luise habe mit unweiblicher Leidenschaft¬
lichkeit den Krieg verlangt und herbeigeführt, — aber sie erfuhr den bevor¬
stehenden Krieg erst, als er schon beschlossen war. Freilich, als der Beschluß
vom Könige einmal gefaßt war, erfüllte er auch ihr ganzes Gemüth, und
sie sprach sich offenherzig, wie es ihre Art war, dafür aus. Sie konnte den
Krieg an und für sich nicht wollen, denn ihr liebreiches Herz schätzte alle
Segnungen des Friedens und wünschte sie dem Königreiche zu erhalten. Thrä¬
nen des Mitleides hatte sie oft geweint, wenn sie von den Verheerungen des
Krieges in fremden Ländern gehört hatte. Aber sie wußte auch, daß es höhere
Güter giebt, als das Leben und seinen Wohlstand, und daß an solche Güter
das Leben gesetzt werden muß.
Der Haß, von welchem Napoleon gegen die edle Königin erfüllt war,
wirkte im preußischen Volke mächtig zur Verstärkung der Erbitterung gegen
die Franzosen. Schon vor dem Ausbruche des Krieges hatten die von der
französischen Negierung abhängigen Zeitungen wiederholt rohe, verläumderische
Ausfälle gegen die Ehre der edlen Königin enthalten, und alle preußischen
Gemüther wareu dadurch auss Tiefste erbittert worden.
Die Königin blieb nach ihrer Rückkehr aus Pyrmont einige Zeit in
Charlottenburg, dann begleitete sie den König nach Naumburg an der Saale,
wo die letzten Zurüstungen zum Kriege getroffen werden sollten. Während
des ganzen Feldzuges blieb sie, soweit es irgend anging, in der nächsten Nähe
ihres Gemahles. Erst unter dem beginnenden fernen Donner der Jenaer
*) Nach Adami's erwähnter Schrift.