Oesterreichs Beitritt; das Heer der Verbündeten. 409
und überall durch seine verwegenen Angriffe Schrecken unter den Franzosen
verbreitet. Er erhielt zu spät die Kunde von dem Waffenstillstände und konnte
nicht mehr zu dem festgesetzten Zeitpunkte über die Elbe zurück. Da befahl
Napoleon, „die Räuber zu vernichten, wo sie gefunden würden," und so wur¬
den sie am 17. Juni, als sie ohnweit Leipzig ruhig und sorglos daherzogen,
von feindlichen Reitern in Ueberzahl überfallen und größtenteils nieder¬
gehauen. Nur eine geringe Auzahl schlugen sich mit Lützow selbst durch den
Feind durch.
Unterdeß versuchte Oesterreich, die augenblickliche Waffenruhe in einen
bleibenden Frieden zu verwandeln, zu welchem Zwecke Kaiser Franz einen Fr i e -
denseongreß nach Prag berufen hatte. Auch Napoleon schickte seine Ge¬
sandten hin, aber bald zeigte sich, daß er nur Zeit gewinnen wollte, um unter¬
deß noch weitere Verstärkungen an sich zu ziehen, welche von Mainz und
Straßburg in großen Massen herbeikamen. Als nun der letzte Tag des Waf¬
fenstillstandes abgelaufen war, erklärte endlich der Kaiser von Oesterreich,
daß auch ihn Ehre und Pflicht zum erneuerten Kampfe gegen Frankreich
rufen. In Bezug auf Preußeu äußerte damals der Kaiser von Oesterreich:
„Preußens Schicksal liege ihm vor Allem am Herzen, Preußens Gefahr sehe
er als seine eigene, dessen Wiederherstellung als den ersten Schritt zur ueuen
Ordnung in Europa au. Schon im April habe Napoleon geradezu angekün¬
digt, daß das preußische Königthum vernichtet werden müsse, und habe Oester¬
reich die schönste der preußischen Provinzen, Schlesien, angeboten. Er, der
Kaiser, aber werde Preußen mit aller Kraft der Waffen beistehen, und der
Gott der Gerechtigkeit werde der guten Sache sicherlich den Sieg schenken!"
Groß-Beeren (23. August). Durch deu Beitritt Oesterreichs waren die
Heere der Verbündeten den französischen nunmehr an Stärke gleich, fast über¬
legen. Als erwünschter Bundesgenosse erschien überdies der K r o n p r i n z v o n
Schweden (der frühere französische Marschatt Bernadotte) mit 24,000 seiner
Sieger in Norddeutschlaud England hatte sich in einem zu Dresden abgeschlos¬
senen Vertrage zur Zahluug bedeutender Hülfsgelder verpflichtet. Das Heer
der Verbündeten zerfiel in drei große Abtheilungen: 1) Der Kronprinz von
Schweden befehligte 150,000 Mann in Norddeutschland, unter ihm die
Preußeu B ü l o w und T a n e n tz i e n und der russische General W i n z i n g e -
rode; 2) General von Blücher führte den Oberbefehl über die 95,000
Mann der schlesischen Armee, unter ihm Jork und die Russen Sacken und
Längeren; sein oberster Generalstabsoffizier war G n e i f e n a n; 3) Fürst
Schwarzenberg führte die Hauptarmee in Böhmen, bei welcher Preußen
unter Kleist, Russen unter Wittgen st ein und die russischen Garden unter
dem Großfürst (Konstantin fochten, im Ganzen etwa 230,000 Mann. Fürst
Schwarzenberg sollte zugleich den Oberbefehl über das gesammte verbündete
Heer führen.
Napoleon, welcher mit seiner Hauptmacht an der Elbe stand, beschloß,
während Marschall Oudiuot mit 60,000 Mann auf Berlin marschirte, sich
selbst ohne Zeitverlust auf die schwächste der drei Armeen, ans die schlesische,
zu werfen uud dieselbe womöglich zu erdrücken, um daun gegen die beiden an¬
deren freie Hand zu haben. Blücher aber wußte ihm auszuweichen, und unter-
deß rückte das Schwarzenberg'sche Heer von Böhmen nach Sachsen vor und