Vorrede zur ersten Auflage.
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von jeher gehabt hat. Es durfte dabei nicht, wie es gewöhnlich geschieht,
die Geschichte der Kriegführung und der äußeren Erweiterung des Staates
allein in den Vordergrund treten, vielmehr mußte der Erweckung eines
Interesses für die innere Verwaltung, sowie für die eigenthümliche, geistige
und religiöse Entwickelung des Vaterlandes eine gleiche Aufmerksamkeit
gewidmet werden; denn neben der allgemeinen Unkenntnis} der vaterlän¬
dischen Geschichte ist es gewiß eine der bedauerlichsten Erscheinungen, wie
selten man bei uns in den größeren Massen auch nur die oberflächlichsten
Kenntnisse von den öffentlichen Einrichtungen findet. Der geschichtliche
Unterricht muß es sich zur Aufgabe machen, auch in dieser Beziehung eine
regere Theilnahme von früh an vorzubereiten.
Das sicherste Mittel, in allen diesen Beziehungen ein wärmeres In¬
teresse für die Darstellung zu erregen, schien mir die lebendige Zeichnung
der historischen Persönlichkeiten, mit deren eigenthümlichem Wirken der
Fortschritt in allen Richtungen im genauesten Zusammenhange steht: ich
bin deshalb überall bemüht gewesen, das Wesen und die charakteristischen
Bestrebungen der Fürsten und Staatsmänner, von welchen ein wichtiger
Anstoß ausging, in möglichst eindringlichen Zügen hervorzuheben und hieran
die Schilderung ihrer allseitigen Thätigkeit anzuknüpfen. Als eines der
besten Hülfsmittel einer belebteren Darstellung erschien mir ferner die
möglichst häufige Anführung der eigenen Gedanken, Worte und Reden
berühmter Persönlichkeiten.
Ein Buch, wie das vorliegende, welches lediglich den Zweck hat, den
reichen Stoff vaterländischer Geschichte in kurzer Zusammenfassung größeren
Kreisen zugänglich zu machen, kann natürlich keinerlei Ansprüche auf eigent¬
lich wissenschaftliche Geltung erheben: es handelte sich hier weder um
Quellenstudien, noch um gelehrte Forschung irgend einer Art, sondern
einzig und allein um die möglichst sachgemäße Benutzung der bereits vor¬
handenen umfangreicheren Bearbeitungen über das Ganze und über einzelne
Theile der preußischen Geschichte. Die Werke von Steuzel, Heinel, Voigt,
Ranke, Preuß, Menzel u. A., die Monographien von Varnhagen, sowie
die reiche neuere Memoirenliteratur über Stein und dessen Zeitgenossen
boten für den vorliegenden Zweck eine solche Uebersülle nutzbaren Stoffes
dar, daß nur eben die richtige Auswahl der in den engen Rahmen zu fas¬
senden Bilder Schwierigkeiten bereitete. Bei der Benutzung jener Quellen
hielt ich es für angemessen, Stellen, welche durch ansprechende treffende
Darstellung ausgezeichnet sind, unverändert oder in treuen Auszügen wieder¬
zugeben. Am entschiedensten ist dies in der Geschichte Friedrichs des
Großen mit dem Werke von Preuß, sowie bei Benutzung der Varnhagen'-
schen Lebensbeschreibungen, der Gedenkblätter aus dem Leben der Köni¬
gin Luise (in der Adami'schen Bearbeitung), der Eylert'schen Denkwür¬
digkeiten von Friedrich Wilhelm III., der Pertz'schen Biographie Stein's
und ähnlicher Schriften geschehen. Wenn ich in dieser Beziehung aus eine