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Segest, ihr Vater, schaute schamlos zu. Hermann aber, der Retter der
deutschen Freiheit, starb durch die Hand seiner Gegner. Von den Nack¬
kommen wurde er hochgeehrt und in Heldenliedern besungen.
29. Nero (54—68).
1. Nach dem Tode des Kaisers Augustus regierte in Rom eine
Reihe schlechter, grausamer Kaiser: Tiberius, Caligula, Claudius,
Nero. Nero übertraf alle an Grausamkeit. Erst 17 Jahre alt, kam er
schon auf den Thron und schien zur Freude aller ein tüchtiger, sreund-
ticher Regent zu sein. „Ach, hätte ich doch nie schreiben gelernt!" rief er
aus, als er einmal ein Todesurtheil unterschreiben sollte. Doch nur zu
bald ward seine böse Natur offenbar. Er ließ seinen Bruder vergiften,
seine Mutter und seine erste Gemahlin todten, verurtheilte seinen Lehrer-
Sen eka, einen berühmten Weisen, zum Tode und tödtete seine zweite
Frau durch einen Fußtritt. So grausam er war, so eitel war er auch.
In der Meinung, ein großer Künstler zu sein, durchzog er Italien und
Griechenland; ließ sich, die Harfe im Arm, im Theater und in den
Schenken als Sänger hören und bei den Wettspielen als Wagenlenker
sehen und beklatschen. Mit 1800 Siegeskränzen, die er gewonnen, kehrte
er nach Rom zurück, das ihn wie einen großen Helden und Sieger be¬
grüßen mußte. Um durch schöne Bauten seinen Namen zu verherrlichen,
ließ er Rom anzünden. Sechs Tage dauerte der Brand, und als das
Feuer am schlimmsten wüthete, sah man Nero auf seinem Palaste, wie er
im Künstlergewande zum Klange seiner Leier den Brand von Troja be¬
sang. Als er merkte, daß das Volk ihm darum zürnte, schob er die Schuld
auf die Christen. Diese wurden nun hervorgeholt, mit glühenden Zangen
zerrissen, gekreuzigt, enthauptet, in Thierfelle genäht und wilden Thieren
zum Zerfleischen vorgeworfen, mit brennbaren Stoffen bestrichen und
dann, an Säulen festgebunden, in die kaiserlichen Gärten gestellt und
angezündet. In einem Prachtwagen fuhr Nero zwischen den Todtenfenern
hin und weidete sich an dem Anblick und dem Jammern der Unglücklichen.
In dieser Zeit starben auch der Apostel Petrus und Paulus; dieser wurde
enthauptet, jener gekreuzigt. Nach dem Brande baute Nero die Stadt
prächtiger wieder auf; fein neuer Palast wurde das goldene Haus ge¬
nannt , wegen des vielen Goldes und der Menge Edelsteine, von denen
alle Zimmer blitzten.
2. Endlich wurde das Volk des Tyrannen überdrüssig. Während
in Rom eine Hungersnoth wüthete, brach in Spanien und Gallien eine
Empörung aus. Anfangs spottete Nero darüber, als er sich aber von
allen Seiten verlassen sah, erschrak er so heftig, daß er seine Kleider
zerriß, sich das Haupt schlug und unaufhörlich rief: „Ich bin verloren!"
In einer stürmischen Gewitternacht floh er, in einen schlechten Mantel
gehüllt, zu Pferde nach feinem Landgute. In beständiger Furcht, erkannt
zu werden, hielt er sich hier versteckt. Mit Wasser aus einer Pfütze