Full text: (Für das 5. bis 8. Schuljahr in einfachen Schulen, für das 5. bis 6. Schuljahr in gegliederten Schulen) (Band 2, [Schülerband])

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„So sagen auch unsere Männer, die im Westen waren. 
Ich habe bisher nur waffenlose Händler des schwarzhaarigen 
Volkes gesehen," sägte er entschuldigend hinzu. 
„Mögen die Schicksalssrauen den Römerfnß von eurem 
Grunde sern halten!" antwortete der Fremde. 
„Du sprichst wie unsere Alten; wir Jungen aber denken, 
kommen sie nicht zu uns, so kommen wir wohl zu ihnen. Denn 
wundervoll soll ihr Land sein, alle Häuser von buntem Stein, 
das ganze Jahr mildes Sonnenlicht und im Winter grüne Erde; 
der süße Wein gemeiner als Dünnbier, von Silber die Sessel 
und Bänke; die Mädchen tanzen int Goldschmuck und seidenem 
Gewand, und der Krieger ist ein Herr der ganzen Pracht. 
Vergebens erwartete der Wächter die Antwort des Fremden. 
Sie schritten eine Weile stumm nebeneinander. Endlich saßte der 
Jüngling das Roß beim Zügel: „Hier wird die Talfahrt weg- 
ffamer. Steig auf, daß wir vor Abend ans Ziel kommen!" Der 
Fremde legte die Hand auf den Widerrist des Pferdes und sprang 
wuchtig in den Sitz; der Führer nickte zufrieden und pfiff leise. 
Das Roß trug den Retter in großen Sätzen talab. Der Jüngling 
lief zu Fuß nebenher, seinen Speer schwingend und bisweilen dem 
Roß Zujauchzend, welches dann den Kopf zu ihm wandte und Zur 
Antwort wieherte. 
„Wer sind die Weiber dort in hellen Gewändern?" frug 
der Fremde, als sie nahe der Lichtung aus einer Höhe anhielten 
und in das Gehege sahen. „Hui!" rief der Wächter, „die Mägde 
vom Herrenhof sind gekommen. Dort ist Frida's braune Kuh. 
Hörst du die schöne Schelle, die ihr am Halse hängt?" ... „Sieh 
die alten Hütten! In ihnen wohnt der Rinderhirt. Im 
Sommer ziehen die Rinder des Dorfes auf Waldweide, und 
unsere Mädchen kommen und holen die Arbeit des Kellers nach 
dem Herrenhose. Dort drüben aber im Buchenwalde haust der 
Schweinhirt mit seinem Volk; es gibt nicht schönere Mast im 
Lunde, soweit die Sonne scheint." 
Sie betraten die Lichtung. Der Wächter entfernte die 
Stangen, welche den Eingang zum Rinderpserch verlegten, und 
der Fremde ritt in den umhegten Raum, wo die Kühe brummend 
umherliefen, während die Frau des Hirten mit ihren Mägden das 
Milchgerät zum kühlen Keller trug, der, aus Stein und Moos ge¬
	        
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