Full text: Römische Geschichte von 133 bis Augustus (H. 5)

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ahnen ließ. Sofort geschah ein gewaltiger Umschwung in 
der Stimmung der Pariser und der unbändige Siegesjubel 
verwandelte <ich in allgemeine Niedergeschlagenheit. Am 
7. August traten die Blätter, wenn auch noch immer die 
Thatsachen entstellend und in schönerer Färbung mittheilend, 
doch schon etwas offener mit dem Rückzug der französischen 
Heere hervor, und die Erklärung des Belagerungszustandes 
in Paris und die Einberufung des Senats und des gesetz- 
gebenden Körpers auf den 11. August stand mit der rosigen 
Färbung der Zeitungsblätter im schroffsten Widerspruch. 
Immer drückender wurde die Schwüle der politischen Atmo- 
sphäre: da erschienen endlich die Telegramme des Kaisers 
Napoleon vom 6. und 7. August, in denen die Niederlage 
Mac Mahons offen eingeräumt wurde, und wie Schuppen 
fiel's den Parisern von den Augen. 
Die Kaiserin Eugenie, die nach Metz gegangen war, um 
durch ihr persönliches Erscheinen die Truppen zu begeistern, 
eilte nach Paris zurück und erließ eine Proclamation. in der 
sie alle Bürger zur Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung 
aufforderte. Gleichzeitig wurden zwei Decrete erlassen, von 
( denen das eine die Wiedereröffnung der Kammer statt auf 
den 11. August schon auf den 9. anberaumte, das andere 
alle kräftigen Männer zwischen 30—40 Jahren in die Mobil- 
garde einberief und zugleich bestimmte, daß die Nationalgarde 
bei der Vertheidigung der Hauptstadt verwandt werden sollte. 
Damit hing die Zurückberufung der französischen Truppen aus 
dem Kirchenstaat zusammen. Diese Thatsachen mußten auch 
dem Verbündetsten die Augen öffnen und zugleich die Ueber- 
■ zeugung hervorrufen, daß das französische Volk durch das 
Lügensystem seiner Regierung in schmählichster Weise hinter- 
gangen war. 
So lange sich Paris noch im Siegestaumel gewiegt 
hatte, war der Aufenthalt der Deutschen in Paris und in 
den Provinzen noch immer ein erträglicher gewesen, insofern 
dieselben wenigstens von tatsächlichen Feindseligkeiten ver¬ 
schont blieben. Jetzt aber, wo an die Stelle des Rausches 
die herbste Nüchternheit getreten war, machte der Pöbel seinem 
Ingrimm in maßlosen Insulten gegen die Deutschen Luft. 
, In jedem Deutschen sah man einen Spion oder Feind; Miß-
	        
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