Full text: Völkerwanderung und Frankenreich (H. 7)

6 II. Aus betn Verlaufe der Völkerwanderung 
legten die Waffen nieder und blieben drei Jahre hindurch ganz 
ruhig. Das konnten sie aber nicht länger aushalten: sie überhäuften 
ihren König Rodulf mit vorwürfen, nannten ihn einen weiblichen 
Schwächling., beschimpften und verhöhnten ihn auf die schamloseste weise. 
Hoöulf wollte diese Scham nicht ertragen und 30g gegen die Lango¬ 
barden, die gar nichts verbrochen hatten, ohne ihnen eine bestimmte 
Sache, etwa die Verletzung der bestimmten Verträge, vorzuwerfen, son¬ 
dern wie aus Mutwillen. 
II. Au§ betn verlause der Völkerwanderung. 
1. Vorstoß der Germanen in das römische Gebiet, veranlaßt durch den Einfall 
der Hunnen. 
Charakteristik der Hunnen. 
flmmianus Marcellinus Herum gestarum libri XXXI. II, 1-11; 
ed. Gardthausen. Leipzig 1875. II, S. 232ff. 
Die Hunnen übertreffen alles, was man sich nur als noch so bar¬ 
barisch und wild vorstellen kann. Mit eisernen Werkzeugen durchfurchen 
sie die Backen ihrer neugeborenen Kinder, damit die Barthaare durch 
die Narben unterdrückt werden. Ihr untersetzter Körper mit außer¬ 
ordentlich starken Gliedern und einem unverhältnismäßig großen Kopfe 
gibt ihnen ein monströses Kussehen. ITian könnte sie Tiere auf zwei 
Beinen oder Abbilder jener schlecht zugehauenen Holzfiguren nennen, 
mit denen man die Brückengeländer schmückt. Überhaupt sind sie Wesen, 
die, obgleich mit einer menschlichen Gestalt versehen, im Zustande der 
(Tierheit leben. Zur Zubereitung ihrer Speisen kennen sie weder Ge¬ 
würz noch Feuer; Wurzeln von wilden pflanzen und rohes Fleisch, das 
sie zwischen ihren Sätteln und dem Rücken ihrer Pferde mürbe machen, 
bilden ihre Nahrung. Huch bewohnen sie weder Häuser noch Hütten; 
denn jede Mauereinschließung erscheint ihnen wie ein Grab. Nicht ein¬ 
mal eine mit Rohr gedeckte Hütte findet sich bei ihnen. Fortwährend 
durch Berge und Wälder schweifend, verändern sie unaufhörlich ihre 
Wohnsitze, oder vielmehr sie haben deren keine und sind deshalb von 
Jugend auf Frost, Hunger und Durst zu ertragen gewöhnt. Ihre Klei¬ 
dung besteht in einem einzigen, leinenen Unterkleid und in einem Mantel 
von aneinandergenähten Fellen wilder Tiere. Das Unterkleid ist von 
dunkler Farbe und verfault auf ihrem Leibe; sie wechseln es nicht, wenn 
es nicht von ihnen abfällt. Lin halbkreisförmiger Helm und Bocksfelle, 
die ihre haarigen Beine schützen, vervollständigen ihren flnzug. Ihre 
Fußbekleidung, die ohne Form und Maß zugeschnitten ist, hindert sie 
so, daß sie nicht marschieren können, weshalb sie auch durchaus unfähig 
1 (Ein lateinisch schreibender Grieche, gegen 390, befand sich im Gefolge 
Julians. (Er hat den (Einbruch der Hunnen in (Europa miterlebt.
	        
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