Germanen schon vor dieser Zeit sich von dem Urstamm getrennt
und ihre Ursitze an den Abhängen des Himalaya verlassen haben.
Dann fehlt lange Jahrhunderte hindurch jede Spur ihres Da¬
seins. Erst aus der Zeit Alexanders des Großen klingt zufällig
die Notiz eines griechischen Reisenden herüber, daß Teutonen und
Goten, also deutsche Völker, an der Ostsee wohnten. Wieder hundert
Jahre weiter, und eine ebenso zufällig erhaltene Notiz belehrt uns,
daß Deutsche in vielfachem Verkehr mit den Galliern, den damaligen
Bewohnern Frankreichs, Süddentschlands und Oberitaliens, ge¬
standen haben; ein römischer Dichter erwähnt, die Gallier nennen
ihre Knechte ambacti. Das Wort ist schlechterdings nicht gallisch,
sondern deutsch und bedeutet buchstäblich Rückendecker, reisige Ge¬
folgsleute. Zwei Meufchenalter danach wird an der unteren Donau
ein deutsches Volk, die Bastarner, als Verbündete der Macedonier
gegen die Römer erwähnt, ohne daß es jedoch damals schon zu
einem Zusammenstoß zwischen Römern und Germanen gekommen
wäre. Desto gewaltiger kündigte sich fünfzig Jahre später der Be¬
ginn des Weltkampfes an, der dann fünf Jahrhunderte erfüllen
und die Geschicke Europas bestimmen sollte. Die Cimbern und
Teutonen, diese an der Ostsee, jene ans Jütland angesessen, brachen
113 vor Christus durch das noch immer von Galliern bewohnte
Süddeutschland hindurch gegen das römische Jllyrien vor. Sie
schlugen dort ein römisches Heer. durchzogen dann Helvetien, über¬
schwemmten unwiderstehlich halb Gallien, besiegten hieraus wieder
drei römische Heere nacheinander, so daß der Schrecken in Rom
unermeßlich war und das Volk in Klagen und Jammern eine
zweite Zerstörung Roms durch die Gallier befürchtete; denn noch
wußten die Römer Gallier und Deutsche nicht voneinander zu unter¬
scheiden. Wohl fiel dem römischen Blicke gar manches in ihrer
Erscheinung aus, die hohen, sechsfüßigen Gestalten und der wuchtige
Gliederbau, das lange, blonde Haar und blaue Auge, die Völlerei
im Trinken und die strenge Keuschheit der Sitte, die Verehrung
der Frauen und die Teilnahme derselben am Waffenkampf, alles
Züge im scharfen Gegensatz zu römischem Wesen. Indessen gelang
es dem großen Cajus Marius, die gefürchteten Feinde in zwei