Full text: Bilder deutscher Kultur und Geschichte

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brücken, unb tuenit bent t>eut|cheu Montt int Reiche zuweilen eine 
stille Angst vor ber Potsbamer Wachtparade überkam, bann tröstete 
ihn das Spottwort: So schnell schießen bie Preußen nicht. — 
Der Spott verstummte, als Preußen einen Herrscher fanb, ber 
mit bent Sinne für bas Mögliche, mit ber glücklichen Nüchternheit 
ber Hohenzollern bie Kühnheit unb den freien Blick bes Genius 
vereinte. Ter Helle Sonnenschein ber Jugenb strahlt über ben An¬ 
fängen der frtedertctanischen Zeit, ba enbtich nach langem Stocken 
unb Zagen bie zähe Masse ber erstarrten beutfchen Welt wieber in 
tflufj geriet unb bie mächtigen Gegensätze, welche sie barg, in not¬ 
wendigem Kampfe sich maßen. Seit ben Tagen jenes Löwen aus 
Mitternacht hatte Deutschland nicht mehr bas Bilb eines Helben 
gesehen, zu betn bie gesamte Nation bewundernd emporblickte; der 
aber jetzt in stolzer Freiheit wie einst Gustav Adolf mitten durch 
bie großen Mächte feines Weges schritt unb die Deutschen zwang, 
wieder an bie Wuitber bes Heldentums zu glauben, er war ein 
Teutscher. 
Tei' springende Punkt in dieser mächtigen Natur bleibt doch die 
erbarmungslos grausame deutsche Wahrhaftigkeit. Friedrich giebt 
sich, wie er ist, und sieht die Tinge, wie sie sind. Wie in der 
langen Bändereihe seiner Briefe und Schriften keine Zeile steht, 
darin er versuchte, seine Thaten zu beschönigen, sein eigenes Bild 
sür die Nachwelt auszuschmücken, so trägt auch seine Staatskunst, 
wenngleich sie die kleinen Künste und Listen des Zeitalters als 
Mittel zum Zwecke nicht verschmäht, das Gepräge seines königlichen 
Freimuts: so oft er zum Schwerte greift, verkündet er mit unum¬ 
wundener Bestimmtheit, was er von dem Gegner fordert, und legt 
die Waffe erst nieder ant erreichten Ziele. Seit er zum Denken 
erwacht, fühlt er sich froh und stolz als den Sohn eines freien 
Jahrhunderts, das mit der Fackel der Vernunft in die staubigen 
Winkel einer Welt alter Vorurteile und entgeifteter Überlieferungen 
hineinleuchtet; er läßt sich das Bild des Sonnengottes, der sieg¬ 
reich durch die Morgenwolken aufsteigt, an die Decke seines heiteren 
Nheinsberger Saales malen. Mit der dreisten Zuversicht des 
Düngers der Aufklärung tritt er an bie Erscheinungen bes histo-
	        
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