Full text: Bilder deutscher Kultur und Geschichte

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kampfs zu entscheiden, ward gleichsam als Ausfluß des Rechtes, die 
Waffen zu führen, betrachtet. Ten Unterliegenden traf die Todes¬ 
strafe. Außer dem Schwerte entschieden in den zahllosen Gottes¬ 
urteilen vorzugsweise glühende Eisen und siedendes Wasser. Natür¬ 
lich entstanden die empörendsten Folgen. Es bedurfte vieler Jahr¬ 
hunderte, um jene auf Aberglauben beruhende Einrichtung zu 
verdrängen. 
Hatten hundert Zeugen einen Diebftahl oder Mord mit ange¬ 
sehen, den Verbrecher aber nicht bei der That ergriffen, so konnte 
er sich durch einen Eid von der Schnldigerklärung und Strafe frei 
machen. Sprachen Zeugen oder Eidhelfer die ihnen vorgesagte 
Eidesformel zufällig stotternd oder sonst nicht genau nach, so er¬ 
folgte, da das als schlimme Andeutung galt, die Freisprechung des 
Angeklagten. Tazu kam eine Menge unverständiger, großenteils 
abergläubischer Förmlichkeiten; dazn kam ferner die barbarische 
Strenge der Strafen, so daß man häufig, statt „die Todesstrafe" 
zn sagen, nur „die gewöhnliche Strafe" sagte; dazn kam endlich 
die Tortur, vermittelst derer man jedes beliebige Bekenntnis zu 
erpressen verstand, das des begangenen Verbrechens ebenso wie 
jenes des gar nicht stattgehabten, ja des rein unmöglichen. Wußte 
man doch ans die unsinnigsten Beschuldigungen hin, etwa wegen 
Zauberei oder Hexerei, die bestimmtesten und umständlichsten Ein- 
geständnisse zu erlangen. 
Als ein Hauptübel muß noch das gemäß alten Herkommens 
neben der gewöhnlichen Justiz bestandene Recht der Fehde besonders 
erwähnt werden. Ihm zufolge konnte namentlich der Gläubiger, 
wenn andere Mittel nicht fruchteten, feinen Gegner befehden, ohne 
sich dadurch eines Friedensbruches schuldig zu machen. Rieht minder 
war das Recht der Selbsthilfe gestattet, wenn der Gegner sich 
weigerte, vor Gericht zu erscheinen. Tas Nämliche galt in Lehens¬ 
sachen. Ja, es konnte ein Vasall feine Genoffen gegen den eigenen 
Lehensherrn, den König, aufbieten, um ihn zu bekriegen, falls der¬ 
selbe einem vom Lehensgericht gesprochenen Urteil keine Folge geben 
wollte oder Recht zu sprechen verweigerte. Es mußten sogar die 
königlichen und fürstlichen Beamten dem in gesetzlicher Fehde Be-
	        
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