Elfter Theil.
Deutsche Ze schichte.
1. Die alten Deutschen.
In den ältesten Zeiten gab es in unserm deutschen Vater¬
lande unabsehbare Wälder, viele Sümpse und große Wiesen.
In den Wäldern hausten Bären, Wölfe, Auerochsen und andere
wilde Thiere. Es wuchsen da wohl Beeren, Holzäpfel, Eicheln,
eßbare Kräuter und Wurzeln, von den Getreiden aber nur
Hafer und Gerste. Auf den Wiesen weideten zahllose Heerden
von wilden Pferden und Rindern.
Die Bewohner dieses Landes, die alten Deutschen, die sich
Germanen (Wehrmänner) nannten, waren von hohem Wuchs
und starkem Körperbau. Sie zeichneten sich durch Muth, Tapfer¬
keit, Freiheitsliebe und Redlichkeit aus. Ihre liebste Beschäftigung
war Krieg und Jagd. Ihre Kleidung bestand aus einem leinenen
Rocke oder aus den Fellen wilder Thiere. Sie aßen Wurzeln,
Brod und Fleisch; tranken Wasser oder Bier (Meth), das sie
aus Hafer und Gerste bereiteten. Sie wohnten in Hütten aus
Holz und Lehm, die sie mit Stroh und Reisern deckten. Mehrere
Hütten bildeten eine Gemeinde, mehrere Gemeinden einen Gau.
Der Tapferste unter ihnen war ihr Herzog oder Heerführer,
der Weiseste (Graue oder Gras) ihr Richter und der Gottes-
fürchtigste ihr Oberpriester.
Die alten Deutschen waren Heiden. Ihr oberster Gott
hieß Alfader (Allvater). Den Gott des Krieges nannten sie
Wodan, den Gott des Donners Thor. Die Göttin, welche
Segen spendete, hieß Hertha. Sie verehrten ihre Götter nicht
in Tempeln, sondern in heiligen Hainen unter uralten Bäumen.
Sie glaubten an eine Fortdauer der Seele nach dem Tode.
Die Helden jagten und kämpften nach dem Tode im Reiche
der Seligen (Walhalla) fort; während die Feigen und Verräther
in das Reich der grimmen Heia kamen. Ihren Helden gaben
sie die Waffen, auch wohl das Streitroß mit in das Grab.