Full text: Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. (Teil 4)

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Furcht, das Elend an die Stelle der Not. Jahrelang mordeten 
die Träger der Republik wenig schuldige und viele unschuldige 
Menschen, ganze Massen bloß verdächtiger Anhänger der Mon¬ 
archie, und schließlich mordeten sie einander gegenseitig selbst! 
Und nachdem der rote Schrecken im Blutrausche der Guillotine, 
der Mitrailladen und der Noyaden ausgetobt, wütete infolge 
der Festsetzung von Zwangspreisen für eine Menge von Gegen¬ 
ständen des täglichen Bedarfs der „weiße Schrecken" an seiner 
Stelle; monarchisch-klerikale Gegner metzelten jetzt selbst ganz un¬ 
verdächtige Anhänger der Revolution mit Weibern und Kindern 
hin. Und so wurde von beiden Seiten gemordet, bis der Krieg, 
den die angebliche Republik, in Wirklichkeit eine Parteiherrschast 
weniger Gewalthaber, gegen ihre Feinde, d. H. gegen das ganze 
übrige Europa führte, dem inneren Wüten ein Ende machte. 
Schon vor dem Ausbruche der französischen Revolution hatte, 
wenn auch auf beschränktem Gebiete, Deutschland ähnliche 
Zuckungen gesehen. Auf der Insel Rügen waren Bauernaufstände 
aufgeblitzt, in denen Edelleute erschlagen worden waren. Seit 
dem Ausbruche der Revolution bemerkte man in vielen anderen 
Gegenden unter den Bauern, wenn ihnen der Schulmeister die 
Zeitung vorlas und erklärte, eine wachsende Erregung. In der 
Pfalz und am Oberrhein begann sie sich in Unruhen und Dienst¬ 
verweigerungen zu äußern, und schon im Jahre 1790 gedieh sie 
in Kursachsen, zuerst auf den Gütern der Grafen von Schönburg, 
zu völligem Aufruhr. Die Bauern versagten die Abgaben; mit 
Keulen bewaffnet, schlugen und vertrieben sie die Gerichtshalter; 
den Ruhigbleibeuden drohten sie mit Feuer und Schwert, und 
in stets anwachsenden Haufen verlangten sie Nachlaß von ihren 
Lasten. Diese Empörung wurde leicht unterdrückt und die Be¬ 
teiligten milde behandelt; innerhalb eines Jahres entließ man 
sie aus dem Gefängnis, bis auf den Verfasser einer dem Aufstande 
vorangegangenen Flugschrift, welcher als Wahnsinniger auf 
Lebenszeit in Torgau festgesetzt wurde. Ein weniger hartes Schick¬ 
sal erlitt der preußische Oberzollrat von Held, der in leiden¬ 
schaftlichen Schmähschriften gegen die Regierung hohe Beamte 
des Betrugs und der Erpressung anklagte und den König be¬ 
schuldigte, daß er keine Wahrheit hören wolle; er wurde zuletzt 
freigesprochen. 
Zur Nahrung revolutionärer Gesinnung trug viel das Ver¬ 
halten der sogenannten Emigranten bei, jener Anhänger der
	        
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