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2. Die FriedensM dis 1848.
1. Die Freiheits- und Einheitsbestrebungen. In der Bundesver¬
fassung stand: „Alle Bundesstaaten haben eine landständische Verfassung
einzuführen." Allein nur kleinere Staaten, wie Sachsen-Weimar, Nassau,
Baden, Bayern und Württemberg, kamen dem Willen des Volkes entgegen.
Preußen und Österreich, die beiden größten Staaten, verweigerten dem Volk
die Teilnahme an der Regierung. Was den besiegten Franzosen schon längst
gewährt war: Aufhebung aller Adelsvorrechte, Beseitigung der Feudallasten,
bürgerliche Gleichstellung vor dem Gesetz — das blieb den Siegern versagt.
Alle freiheitlichen Regungen wurden hier unterdrückt. In Preußen z. B.
wurden Männer wie Arndt und Jahn ihres Amtes entsetzt, Studenten- und
Turnvereine verboten. Damit nicht etwas gedruckt werden konnte, was der
Regierung unbequem war, erfolgte die Einführung des Preßzwanges. Der
Bundestag konnte nichts leisten, weil bei ihm als Grundsatz galt, man solle
das Bestehende erhalten und alles beim alten lassen. Deutschland wurde ein
Spott und ein Hohn bei den fremden Mächten; die Deutschen standen im Aus¬
land ohne Schutz und Hilfe da. Ter ohnmächtige Bund mußte sich sogar
gefallen lassen, daß tunesische Seeräuber deutsche Handelschifse wegnahmen.
Zu dieser politischen Ohnmacht kam dann noch die wirtschaftliche Zerrissenheit.
Die einzelnen deutschen Staaten schädigten sich gegenseitig durch hohe Zölle
und harte Ausfuhrverbote.
Gegen eine derartige Regierung konnten selbst die kühlen Deutschen
nicht ruhiges Blut bewahren. Das deutsche Volk hatte auf den Schlacht¬
feldern Gut und Blut eingesetzt für Fürst und Vaterland; nun fühlte es sich
um die Früchte des Sieges betrogen. „Was das Schwert gutgemacht hatte,
das hatte die Feder wieder verdorben." Patriotisch denkende Männer
sprachen offen aus, daß eine Einigung Deutschlands nur erreicht werden
könne, wenn Preußen an die Spitze trete. Ein Württemberger hat diesem
Gedanken damals mit den Worten Ausdruck verliehen:
„Adler Friederichs des Großen, gleich der Sonne decke du
Die Verlass'nen, Heimatlosen mit der goldenen Schwinge zu!"
2. Wirtschaftliche Fortschritte. Der erste Ansang zur deutschen Ein¬
heit erfolgte auf wirtschaftlichem Gebiet. Preußen begann mit dem Zoll¬
verein das Werk der Einigung. Daß jeder deutsche Staat damals ein
eigenes Zollgebiet bildete, führte zu vielen Unzuträglichkeiten und zu unnützen
Ausgaben. Im Jahre 1818 verlegte nun Preußen alle Zollstütten an die
Grenzen seines Landes und erhob von den fremden Waren zum Schutz der
inländischen Industrie einen mäßigen Schutzzoll. Bald schloffen sich die
kleineren Staaten, die innerhalb des preußischen Gebietes lagen, dem großen