Full text: Der moderne Geschichtsunterricht

Warum sind die mittelalt. deutschen Städte kaiserfreundl., die ital. kaiserfeindlich? 75 
national und musste es sein. Als deutscher König konnte also 
Otto nicht das Verfügungsrecht über das Papsttum haben, nicht 
einmal als König von Italien, sondern nur als Imperator und 
Augustus in dem obengenannten Sinne. Freilich lag in diesen 
Verhältnissen der Keim zu verhängnisvollen Konsequenzen, zum 
Investiturstreit, überhaupt zum Machtstreit zwischen Papst und 
Kaiser, aber Otto konnte diese Konsequenzen von Anfang an 
nicht übersehen, und nachdem einmal der erste Schritt auf dem 
Gebiete der kirchlichen Politik gethan war, folgten alle anderen mit 
Naturnotwendigkeit. Zunächst war Otto in seiner kirchlichen 
Politik vollständig glücklich. Dies gelang ihm zum Teil auch dadurch, 
dass er während seiner Beschäftigung mit italienisch-kirchlichen Ver¬ 
hältnissen es klug verstand, für die überschüssige Kraft seines 
trotzigen germanischen Laienadels ein Feld zu finden, wo sie 
sich austoben und zugleich der deutschen Sache nützen konnte, 
die Kolonisation im slavischen Osten. 
Schon Karl d. Gr. und Heinrich I. hatten sie begonnen. 
Jetzt wurde sie im grossen Stile fortgesetzt. Und so sehen wir 
denn die Keime einer kolonisatorischen Thätigkeit sich entfalten, 
die die germanisch-christliche Kultur allmählich bis an die Weichsel 
vorschob 
Alles das zusammengefasst, sehen wir in dem grossen Sachsen 
eine gewaltige Persönlichkeit, die sich würdig einem ALEXANDER 
und Karl an die Seite stellen darf und damit Anspruch hat auf 
den Beinamen: »Der Grosse«. 
e) Warum sind die deutschen Städte im Mittelalter kaiserfreundlich, 
die italienischen dagegen kaiserfeindlich ? 
Eine interessante Frage, der man nur auf genetischem Wege 
beikommen kann. 
Der tiefe historische Denker Karl Wilhelm Nitzsch weist in 
der Einleitung zu seiner »Geschichte des deutschen Volkes bis zum 
Augsburger Religionsfrieden« auf den Hauptunterschied zwischen 
der deutschen Geschichte und derjenigen der Griechen und Römer 
hin: »Die Überlieferungen über die ältere Geschichte der Völker 
des Altertums sind sämtlich nationalen Ursprungs; ihr Anfangs¬ 
punkt ist zugleich der Anfang unserer geschichtlichen Kunde von 
dem betreffenden Volke«. Die griechische Geschichtschreibung 
beginnt mit den Perserkriegen (HERODOT, ThukyüIDES; Einzel¬ 
aufzeichnungen mögen bis auf SOLON zurückgehen), die römische
	        
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