21. Die polnische Revolution.
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italienische Revolution geworfen, welcher nur allzu deutlich in der
Farbe der demokratischen Leidenschaft die dynastische zur Schau trug.
Und diese war so mächtig in ihm, daß sie ihn von Arenenberg, wo
er im August 1831 eintraf, unwiderstehlich wieder forttrieb, um sich
nunmehr an die Spitze der polnischen Revolution zu stellen, die da¬
mals in den letzten Zügen lag. Es war zu spät: auf sächsischem
Boden erreichte ihn die Kunde von Warschaus Fall und Polens
Untergang.
21. Die polnische Revolution (1830—1831).
(Nach Fr. van Smitt, Geschichte des polnischen Aufstandes und Krieges, und Lud¬
wig Mieroslawski, kritische Darstellung des Feldzuges von 1831, bearbeitet von
Karl Hagen und dem Herausgeber.)
a. Die Verschwörungen in Polen bis zum Ausbruche
der Revolution.
Während das westliche, südliche und mittlere Festland von Europa
von revolutionären Bewegungen ergriffen war und die Revolution
in Griechenland, Frankreich, Belgien, der Schweiz und einzelnen
deutschen Staaten als siegreich anerkannt wurde, trat zuletzt noch die
polnische Revolution hinzu. Sie war für die künftige politische Ge¬
staltung Europa's von einer unermeßlichen Bedeutung; einmal schon
an und für sich als gegen den mächtigsten Vertreter des absoluten
Princips, Rußland, gerichtet, dann aber besonders, weil durch ihren
Sieg dem revolutionären Principe in Europa der Schlußstein hinzu¬
gefügt worden wäre. Denn ein freies Polen hätte ein festes Boll¬
werk gegen das absolutistische Czaarenreich gebildet und dessen Ein¬
flüsse auf den Westen gehindert.
Schon bald nach dem Wiener Congresse hatten die polnischen
Patrioten geheime Verbindungen geschlossen, zum Zwecke, Polen wie¬
der zu einem unabhängigen Reiche zu machen. Sie hatten mit der
russischen Verschwörung im Jahre 1825 (s. S. 101) in Berührung
gestanden, waren nach deren unglücklichem Ausgange verhaftet (etwa
600 Personen), Anfangs vor eine Militär-Commission gestellt, und
als sich die öffentliche Meinung über diese Gesetzesverletzung unzwei¬
deutig aussprach, der ersten Kammer (dem Senate) zur Aburthei-
lung überwiesen worden, welche sie einstimmig freisprach (1828).
Von dieser Zeit an erhielt der patriotische Geist in Polen einen neuen
Schwung; mit frischer Thätigkeit warf man sich in geheime Verbin¬
dungen und Verschwörungen zur Befreiung des Vaterlandes. Doch
waren die Polen weder über den letzten Zweck, noch über die zu Er¬
reichung desselben anzuwendenden Mittel einig. Es bestanden viel¬