84 Kurfürst Friedrich August I. wird König von Polen (1697).
mit dem Marschallsstabe; die Reichsinsignien wurden von den Senatoren
und beide Reichssahnen von den Kronfähnrichen geführt, der König war,
wie obengedacht, auf polnische Art in einem blausamtnen Pelz mit gold-
nem Stücke unterfüttert und mit einem Rocke von silbernem Stücke
bekleidet, alles mit Diamanten besetzt, auf dem Haupte eine blaufamtne
Mütze und einen Streitkolben in der Hand; um denselben her ging die
Schweizergarde und hinten nach die Pagen, Heiducken und andre Bediente
und zuletzt die Trabantenleibgarde zu Roß; der Zug ging aus dem
Schlosse die Königsstraße hinunter nach dem Markte zu, woselbst ein
hohes Gerüst ausgerichtet war; auf dasselbe begab sich der König, und
wurden dem auf dem Markte versammelten vielen Volke die Reichsinfig-
nien herunter gewiesen. Nachdem solches geschehen, ging der König von
dem Theatro herab auf das Rathaus, allwo demselben die Senatoren
obenbeschriebenes Ornat ab- und den Pontifikalhabit anlegten, worauf er¬
sieh wiederum zurück auf die Bühne verfügte, und gingen 24 Ratsherren
in einer Ordnung voran, der Reichskanzler Graf Dönhoff legte hierauf
eine lateinische Rede ab, welche der König mit wenigem beantwortete,
worauf die Magistrats-Personen durch gewöhnliche Unterthäuigkeit mit
dem Kniekuß und Handschlag ihre Devotion (d. i. Ehrfurcht, Huldigung)
ablegten uud den Lehuseid abschwuren; der Reichskanzler rief hierauf
diejenigen sechs Personen aus dem Stadtrate, welche von dem Könige ge¬
adelt und zu Rittern geschlagen werden sollten, mit Namen, um hervor¬
zutreten; diese legten sich zu des Königs Füßen und wurden von dem¬
selben mit dreimaliger Berührung des Schwerts in den Adel- und
Ritterftand erhoben. Nach Vollendung dessen wurden Schaupfennige
ausgeteilt, und der König wieder auf das Rathaus begleitet, allwo er
den Pontifikalhabit ab- und vorige polnische Kleidung wieder anlegte; er
fetzte sich hierauf in die mit acht Pferden bespannte Leib-Karoffe und fuhr
unter einer kleinen Begleitung, jedoch abermaliger Lösung der Stücke und
Salvegeben, auch allerhand musikalischen Instrumenten nach seiner Residenz.
Inzwischen ließ man vor dem Rathaufe Wein springen und 4 gebratene
Ochsen dem gemeinen Volke preisgeben."
49. Das erste Meißner Porzellan ans der Leipziger Messe (1710).
3m Jahre 1710 wurden auf der Leipziger Ostermesse zum ersten
Male die eben erfundneit sächsischen Porzellanwaren zum Verkaufe gebracht.
Das Manufakturdirektorium, welches am 24. Januar 1710 eingesetzt
worden war, berichtete unterm 28. Oktober desselben Jahres:
„Nachdem Ew. Königliche Majestät im Januar dieses Jahres von
hier nach Dero Königreich Polen sich erhoben, ließ der Jnventor (d. i.
Erfinder), Johann Friedrich Böttger, seine einzige Sorge fein, wie zu der