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In den verschiedenen Zellen des Klosters aber herrschte mannig¬ 
fache Thätigkeit, der eine saß mit Nadel und Zwirn bewaffnet auf 
dem Schrägen und besserte sein Gewand aus, ein anderer ordnete das 
Kopfhaar und brachte die etwas überwachsene Tonsur wieder zu straf)* 
lendem Glanze, und ein dritter ging mit gerunzelter Stirn in seiner 
Zelle auf und nieder, er hatte sich vorgenommen, in frei ersonnener 
Rede des hohen Gastes Ruhm zu preisen. Kein einziger Bewohner 
des Stifts war unberührt vom Eindrücke des vornehmen Besuches 
geblieben. Auch die weltabgeschiedensten Seelen fühlten, daß einer 
Frau Huldigung gebührt. 
Jetzt läutete das Glöckleiu, dessen Ton auch von den frömmsten 
Brüdern noch keiner unwillig gehört, der Ruf zur Abendmahlzeit. 
Der Abt geleitete die Herzogin ins Refektorium. Das Amt des 
Vorlesers vor dem Imbiß stand in dieser Woche bei dem Pförtner, 
er hatte der Herzogin zu Ehreu den 44. Psalm erkoren. Darauf 
begann die Mahlzeit. Der Küchenmeister, wohl wissend, wie bei An- 
kuuft fremder Gäste Erweiterung der schmalen Klosterkost gestattet 
sei, hatte es nicht beim üblichen Mus von Hülsenfrüchten bewenden 
lassen. Wohl erschien zuerst ein dampfender Hirsebrei, auf daß, wer 
gewisseuhaft bei der Regel bleiben wollte, sich daran sättige; aber 
Schüssel auf Schüssel folgte, bei mächtigem Hirschziemer fehlte der 
Bärenschinken nicht, sogar der Biber am oberen Fischteich hatte sein 
Leben lassen müssen. Fasanen, Rebhühner, Turteltauben und des 
Vogelherdes Heinere Ausbeute folgten; der Fische aber war eine un¬ 
endliche Auswahl, so daß schließlich ein jedes Getier, rasendes, flie¬ 
gendes, schwimmendes und kriechendes auf der Klostertafel seine Ver¬ 
tretung saud. Der Nachtisch brachte Pfirsiche, Melonen und trockene 
Feigen. Hierauf wurde — so wollte es des Ordens Regel — zur 
Erbauuug der Gemüter wieder ein Abschnitt aus der Bibel oder aus 
dem Leben der heiligen Väter vorgelesen. — Zum Schlüsse brachten 
sie verschiedene einfache Instrumente und musizierten. Die Herzogin 
aber meinte: „Es ist Zeit, schlafen zu gehen!" und ging mit ihrem 
Gefolge nach dem Schnlhause hinüber, wo ihr Nachtlager sein sollte. 
Früh morgens aber saß die Herzogin schon samt ihren Leuten 
im Sattel, um heimznreiten — und bald darauf lag das Kloster in 
stiller, behaglicher Ruhe. 
6. Roswitha, die gelehrte Nonne. 
Die reiche Bildungssaat, welche zur Zeit der Ottonen über das 
deutsche Volk ausgestreut wurde, trug reife Frucht, und namentlich 
wuchs die Zahl der Frauenklöster in überraschender Weise. 
Überall suchten sich erlauchte Geschlechter durch Stiftung von Klöstern
	        
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