208 II. Die Zeit neuer Staatenbildungen.
verfahren kenne. Da er kein Gehör fand, erklärte er¬
den Bundesvertrag für erloschen und verließ den Saal.
Tags darauf bot Preußen noch feinen nächsten Nachbarn
Hannover, Sachsen, Knrhefsen (und Nassau) Frieden, d.
H. Neutralität au; auf abschlägige Antwort zogen schon
„16. Juni allerwärts die Preußen in diese Länder ein.
Man hatte nun den Krieg. Ein tragischer Bruder-
kampf sollte den unseligen Zwiespalt im deutschen Wesen
schlichten. Zu Preußen hielten nur Mecklenburg, Olden¬
burg, Thüringen und die Hansestädte; Baden, das zu
ihm neigte, konnte diesem Zuge nicht Folge geben um
seinem Nachbarn willen. Oestreichs Gesandter war so
siegsgewiß, daß er am gleichen Tage allen bundestreuen
Regierungen ihren Besitzstand garantirte, während die
Preußen „mit affenmäßiger Behendigkeit" und größter
Präzision ohne Störung und Kreuzung, schlagfertig über
die Grenzen vordrangen und am 17. Juni in Hannover,
18. in Dresden und Kassel einrückten. Umsonst suchte
die hannoversche Armee mit ihrem blinden König, planlos
tastend, sich nach Baiern durchzuschlagen; bei Langen¬
salza 27. Juni festgehalten, erwehrte sie sich wohl tapfer
des preußischen Angriffs, war aber bald durch rasche Be¬
nützung der Eisenbahnen von 40,000 Preußen so um¬
schlossen, daß sie am 29. kapitnliren mußte. Die Sach¬
sen und Hessen dagegen zogen sich südwärts ans ihre
Bundesgenossen zurück. — Während also gegen alle Er¬
wartung Norddeutschland im Flug erobert wurde, siel
auch iu Italien ein Schlag. Umsonst hatten die Preußen
dem Piemontesen La inarmora anempfohlen, alles Ernstes
ans Wien zu marschireu und einen Stoß ins Herz zu
versuchen. Der schwache General folgte dem Wink Na¬
poleons, der den Angriff aufs Festungsviereck zu beschrän¬
ken rieth, und rückte darauf so blindlings los, daß Erz¬
herzog Albert, ein Sohn des tüchtigen Feldherrn Karl,
mit seinen 85,000 Mann den Feind trotz aller Tapfer¬
keit 24. Juni bei Enstozza anss Haupt schlug und über
den Mincio zurückwarf. Auf dieser Seite trat vorerst