254 IL Die Zeit neuer S taatenbild » n gen.
der Armeeorgaiiisation und durch seinen Ausspruch (im
Juli) bekauut, „Kaiserreich und Heer gehen durch Ueber-
stürzung sicherem Verderben entgegen," wurde zum Prä¬
sidenten ernannt; der schwungreiche Advokat und Gefühls-
republikaner Favre (geb. 1809) zum Vicepräsidenten.
Doch war wohl G ambett a (geb. 1838), der die Sorge
für das Innere übernahm, die bedeutendste Kraft unter
diesen neuen Männern; ihn juckte es schon als Diktator
auch den Krieg zu leiten. Indessen wollte nicht das ganze
Frankreich sich unter ihre Fittiche begeben; in Lyon
erhob die rothe Republik das Haupt und der abenteuernde
Offizier Cluseret stellte sich an die Spitze des dortigen
Pöbels; seine Emissäre gewannen auch in Nim es die
Oberhand, während der Demagog Esquiros von Mar¬
seille aus eine „Liga des Südens" organisirte, in
Toulouse ein Wohlfahrtsausschuß die Bürger terrori-
sirte 2C. Im Westen erstand eine royalistische Liga. All¬
mählich aber siegten die Gemäßigten und setzten den An¬
schluß an die Eine Republik (Gambetta's) durch.
Der erste Ruf war nun nach Frieden, aber es mußte
ein ehrenvoller fein: „Wir werden keinen Finger breit
Erde, keinen Stein unserer Festungen abtreten," erklärte
Favre. Ganz Frankreich behauptete, nur der Kaiser, der
die edle Nation corrnmpirt, habe den Krieg gewollt, nur
er sei verantwortlich dafür; der Dichter Victor Hugo
aber, von Napoleon verbannt und jetzt eben zurückgekehrt,
warnte die Deutschen freundlich, die heil. Stadt nicht zu
berühren, sie könnte fürchterlich werden. Trochu meinte
auch später noch, wenn König Wilhelm nach Sedan ein¬
fach heimgegangen wäre, hätte er sich den Dank Frank¬
reichs durch alles bis dahin Geleistete verdient. Aber
wie konnten die Deutschen umkehren, ohne Bürgschaft
gegen neue Angriffe gewonnen zu haben? Am 4. giengen
sie auf Paris los; am 8. waren sie in Laon, das ka-
pitnlirte, doch sprengte ein toller Artillerist das Pulver¬
magazin in die Lust; der 13. fand sie m Noisy. Zwar
hatte man in Eile um Paris her eine Wüste zu schassen