294 II Die Zeit neuer Staatcnbildungen.
ihnen eingekeilten und doch, wenn angegriffen, immer
minderzähligen Russen. Diese suchten nun nicht blos
Verstärkungen nachzuziehen, sondern bewogen auch das
rumänische Heer zum Donauübergang, während die freund¬
lichst gelockten Regierungen Serbiens und Griechenlands
zwar eilig rüsteten, aber sich doch besannen, ob mit
Losschlagen oder Zuwarten mehr zu gewinnen sei. In
niörderischen Schlachten vor Plewna zeigte sich die neue
rumänische Armee als zutraueuswerther denn die russische
Führung; im Okt. noch erwiesen sich die Türken allwärts
als unangreifbar in den von ihnen gewählten Stellungen.
Die erste Schlacht, welche die Russen gewannen, war die von
Aladscha Dagh ander asiatischen Grenze (15. Okt.): ihrer
70,000 drängten da 30,000 Türken nach Kars zurück.
Bereits ist so viel klar geworden, daß die Christen auf
der Balkauhalbinsel eine Verbesserung ihrer Lage von der
alleinigen Thätigkeit Rußlands nicht erwarten dürfen,
sondern einerseits alle ihre Kräfte dran zu strecken haben
(wie die Czernagorzen thun, welche die Feste Niksitsch be¬
zwangen), anderseits durch kluges Vorgehen die Mit¬
wirkung anderer Mächte gewinnen oder durch ihr vereintes
Schreien das Eingreifen Gottes herbeiziehen müssen.
Während der Papst sich über alle von den Russen er¬
littenen Schläge höchlich freut, lernt der feriierstehende
wenigstens das, daß beide Islam und Papstthum noch
eigenartige Kräfte und deren mehr besitzen, als die ver¬
trauensselige Aufklärung ihnen beimißt.
§ 29. Kunst und Wissenschaft im 19. Jahrhundert.
In der Poesie begegnen wir zunächst einer eigenen
Klasse von Dichtern, welche sich Romantiker hießen.
Das Romantische ist nach Jean Paul „das Schöne ohne
Begrenzung;" gewöhnlich erklärt man es „das Wild¬
schöne." Und allerdings brachten diese Dichter anfangs
neben Schönem auch viel Wildes zu Tag. Ihr Haupt¬
streben war, der flachen Aufklärung mit der Macht tiefer,
ja auch christgläubiger Poesie entgegenzuarbeiten. Zu dem