§11. Der polnische Aufstand. 
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§ 11. Der polnische Ausstand. 
Polen befand sich, was äußeres Glück, Ruhe und 
Wohlstand anbetrifft, wirklich Wühler unter russischem 
Scepter, als zur Zeit seiner früheren Selbständigkeit. 
Viele Adelige hatten sich aber dennoch in die russischen 
Verschwörungen (S. 40) mit verstricken lassen, daher ihr 
dreijähriger Prozeß Warschau und das ganze Land in 
große Aufregung versetzte. Der polnische Senat erkannte 
endlich 1828 den Häuptern der Verschwörung kurze Ge¬ 
fängnißstrafen zu, sprach aber die meisten Betheiligten 
frei und konnte in dem Wunsche vieler Geheimbündler, 
Litauen wieder mit Polen vereint zu sehen, nichts Straf¬ 
bares sehen. Der Kaiser verargte das den Polen und 
behandelte sie mit sichtlichem Mißtrauen, ließ sich auch 
1829 nicht mit der polnischen, sondern mit seiner rus¬ 
sischen Krone in Warschau krönen und nahm die Ver¬ 
fassungsparagraphen nicht sehr in Acht. Sein Bruder 
aber, der „Halbbarbar" Konstantin, der eine Polin 
geheirathet hatte und im innersten Herzen das Volk liebte, 
ärgerte alle Welt durch Grobheit und Spionirsucht, am 
meisten aber das Heer, das er mit großer Vorliebe aus¬ 
bildete, durch Jähzorn und Pedanterie. 
Als Nikolaus erst gegen Frankreich, dann gegen Bel¬ 
gien seine strenge Mißbilligung aller Revolution aussprach 
und das polnische Heer auf den Kriegsfuß zu setzen be¬ 
fahl, meinten die Verschworenen, wenn auch kein General 
sich an ihre Spitze stellen mochte, nicht länger zaudern 
zu sollen; waren sie doch gewiß, daß wenn erst der Aus¬ 
bruch gelänge, alles mit ihnen gehen werde, um das alte 
polnische Reich in seiner ganzen Herrlichkeit wiederherzu¬ 
stellen. Konstantin wußte, daß etwas im Werke war, 
zeigte aber feine Furcht; die Minister wußten noch mehr, 
glaubten aber an kein Gelingen des Aufstandes. Doch 
die Rädelsführer Zaliwski, Wysozki :c. versammelten erst 
alle Offiziere und theilten ihnen den Plan mit, zündeten 
dann 29. Nov. Abends eine Brauerei an, um das Sig-
	        
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