Full text: Von den ältesten Zeiten bis zum Westfälischen Frieden (Teil 1 = 5. und 4. Kl.)

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Rom gingen. Das Volk war nicht befriedigt durch den Gottes¬ 
dienst. Die Messe wurde in lateinischer Sprache gelesen, die das 
Volk nicht verstand, die heilige Schrift den Laien vorenthalten. 
Manche Lehren der Kirche, wie die vom Fegefeuer und der Ver¬ 
ehrung der Heiligen, fand man in der heiligen Schrift nicht be¬ 
gründet, besonders die nicht, daß der Papst der Nachfolger Petri, 
der Statthalter Christi auf Erden sei. Päpste und Bischöfe hatten 
durch leichtfertiges Leben Anstoß erregt, mancher hatte sogar durch 
Laster ein böses Beispiel gegeben. 
Der Ablaß. Besonders unzufrieden war man darüber, daß 
manche Geistliche den Ablaß erteilten, daß sie damit Strafen für 
die Sünden erließen, ohne Reue, Buße und ernstes Gelöbnis der 
Besserung zu verlangen. Im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts 
war Leo X. Papst, ein Mann von vornehmer Geburt und großer 
Liebe zur Kunst. Er wünschte, die Peterskirche in Rom auszu¬ 
bauen. Da es ihm an dem nötigen Gelde fehlte, ließ er einen 
großen Ablaß ausschreiben, um die Mittel durch die Opfer der 
Gläubigen zu erlangen. In Deutschland übernahm es der Erz¬ 
bischof Albrecht von Mainz und Magdeburg, ein Bruder des 
Kurfürsten Joachim von Brandenburg, dem Volke den Ablaß 
predigen zu lassen. Mit einem Teile des geopferten Geldes wollte 
er die Schulden tilgen, die er beim Papste hatte. Er schickte 
Mönche im Lande umher; diese gaben Zettel aus, auf denen die 
Absolution (Lossprechung von der kirchlichen Sündenstrafe) aus¬ 
gesprochen war. Manche boten diese Ablaßzettel wie eine Ware 
aus und versetzten dadurch das Volk in den Wahn, daß man für 
Geld seine Sünden loswerden könnte. Diese Leichtfertigkeit wurde 
von vielen katholischen Christen getadelt. Besondern Anstoß aber 
erregte der Mönch Tetzel in der Nähe von Wittenberg, der Ablaß 
von allerlei Sünden, von leichten und schweren, schon begangenen 
und auch zukünftigen, feil bot. Das betörte Volk strömte von allen 
Seiten herbei, um diese wertlosen Zettel zu kaufen. Dr. Martin 
Luther, Prediger an der Schloßkirche und Professor an der 
Universität in Wittenberg, wurde über diesen Unfug empört; er 
beschwerte sich über das Treiben Tetzels bei dem Bischöfe von 
Brandenburg. Der aber tat nichts gegen den Ablaßkrämer, riet 
Luther vielmehr zu schweigen.
	        
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