Object: Aus der deutschen Geschichte bis zum Ausgange des Mittelalters (Teil 1)

— 128 — 
Kaum war der Spielmann in bas Tor des herrenhofes geritten, 
so flog die Kunde von seiner Rnftunft durch jeden Stall und jede Kammer. 
Huch hier drängten die Leute heraus. Die Knechte waren beflissen, ihm 
und seinem Gefährten die Pferde anzubinden, und die Mägde steckten 
die Köpfe zusammen und bewunderten sein schönes Gewand und die klirrende 
Kette. Nur Murhard, der hofhund, und sein Geschlecht waren nicht willig, 
zu wedeln. Sie bellten wütend und unablässig und sprangen feindselig 
an den Spielleuten herauf, und wizzelin klagte gegen Gdo, der die Hunde 
scheuchte, mit finsterem Lächeln: „Der Fahrende vermag die Gunst der 
Männer und Frauen zu gewinnen; die Köter aber bleiben seine Feinde, sie 
erkennen ihn in jedem Gewände." (Er ordnete haar und Rock und zog 
sein (Besicht in ehrbare Falten, als er in den Saal vor die Rügen -der 
Herrin Edith trat, hinter ihm sammelten sich die Dienstleute, alle in froher 
Erwartung der Kunst, die er nach dem Mahle spenden würde. Den Spiel¬ 
leuten wurde ein besonderer Tisch gestellt; aber Edith winkte, daß ihnen 
gute Kost geboten wurde und der beste Met des Hauses. Und wizzelin 
erhielt den Met in einem Silberbecher, der ihm der Ehre wegen noch 
lieber war als der Trank. 
Hach dem Mahle begann Edith: ,,Da du beim Heere des Königs 
weiltest, so gib uns Kunde, soweit du vermagst. Denn nur Undeutliches 
hörten wir von seinem Siege und dem Unglück der Feinde." 
Der Spielmann erhob sich und begann seine Sage vom Raube des 
Schatzes, von der Belagerung der Feste und von den Kämpfen gegen 
hezilo. (Er sprach langsam und feierlich, und seine Rede tönte zuweilen 
wie Gesang, vieles berichtete er getreu nach der Wahrheit, andres, wie 
es ihm in den Sinn kam. Den Hamen des Mannes aber, an den jeder 
in der halle dachte, nannte er nicht. Regungslos, mit verhaltenem Rtem 
lauschten die Zuhörer; nur wenn er vom Schlachtgewühl erzählte, rühr¬ 
ten sich die Männer; ihre Rügen glänzten, und sie nickten einander zu. 
Und so oft er den Fall der Helden und den Brand der Burgen beklagte, 
seufzten die Frauen. RIs er seinen langen Bericht beendet hatte, sprach 
Edith: ,,Füllt ihm aufs neue den Becher. Du aber bewahre das Silber 
mit unserm Dank; denn große Dinge hast du uns verkündet, die wir alle 
im Gedächtnis behalten, solange wir leben." Da sprang Gottfried auf, 
überreichte dem Spielmann den Becher und begann: ,,Weißt du etwas 
von meinem Bruder Immo, so verkünde auch das; denn an ihn dachten 
wir alle, während wir dich hörten." Bei diesen Worten des Knaben 
brachen die Dienstleute in einen Freudenschrei aus. Es war ein kurzer 
Ruf, der schnell verhallte; aber er kam aus bedrängten herzen, die von 
einer Last befreit wurden. Wizzelin hob den Becher und rief: ,,heil sei dir, 
junger Held, daß du als der erste nach ihm fragst im Saale seiner Väter." 
Er ergriff sein Spiel, fuhr schnell über die Saiten und sprach: „Dieses 
Spiel hat oft von seinem Hamen getönt, denn wir Fahrenden fingen 
mehr als ein Lied von ihm auf den Märkten und am herdfeuer. Wollt 
ihr das eine hören, wie er den Grafen Ernst schlug?" Und die Saiten 
rührend, stimmte er die Weise an: „(Einen Helden weiß ich, 3mmo aus 
Thüringeland. So lautet das Lied," erklärte er, „höre; Geschlecht 3rm= 
frieds!" Und er begann seinen Sang, wie 3mmo an der Furt des Baches 
die Helden des Babenbergers schlug, den Waltram, hartwin und den 
jungen hadamund, und wie er darauf die Wache am Felsentor hielt,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.