Full text: Aus der deutschen Geschichte bis zum Ausgange des Mittelalters (Teil 1)

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Bädern, den Zirkus, so groß, daß in ihm sein ganzes Volk Platz gehabt 
hätte. Verwundert schaute er in das Gewühl der Volksmenge, die sich 
aus drei Erdteilen zusammengefunden hatte, um hier Geld zu ver¬ 
dienen oder um gleich ihm die große Stadt kennen zu lernen. Viele 
aber waren von den kriegsgewaltigen Römern auch wider ihren Willen 
als Sklaven hierhergebracht worden. 
Die größte Bewunderung erregte in ihm der Anblick der gepan¬ 
zerten römischen Soldaten, ihr gleichmäßiges Marschieren, die Schnellig¬ 
keit, mit der ein jeder, gehorsam dem Worte des Führers, seinen Platz 
fand, ihre Gewandtheit in der Führung der Waffen, die Geschicklich¬ 
keit, mit der sie ein festes Lager bauten. Da war alles anders als 
bei seinen tapfern Landsleuten, die, schlechter bewaffnet, zwar Wunden 
und Tod nicht scheuten, aber sich ungern dem Zwange des Befehls fügten. 
In dieses Heer trat er ein. Seine Gewandtheit, seine Tapferkeit 
fiel den römischen Offizieren aus. Goldene Ehrenketten wurden ihm 
zuteil; er, der germanische Häuptlingssohn, erhielt die Würde eines 
römischen Ritters. Aber ein Römer wurde er darum nicht: er sehnte 
sich nach Deutschlands Eichenwäldern, nach den Jagden auf Bären und 
Auerochsen, nach dem Leben unter seinen Volksgenossen. Fremde 
Sprache tönte hier an sein Ohr; die Lebensweise erschien ihm weich¬ 
lich. So kehrte er in seine Heimat, ins Cheruskerland zurück, klüger 
geworden, vertraut mit dem Treiben der Welt, dem Wesen und den 
Heereseinrichtungen der Römer; aber sein Herz war deutsch geblieben. 
Früher als die andern Edeln des Volkes erkannte er die Gefahr, 
die der Freiheit Germaniens von den Römern drohte. Schon war 
das rechte Ufer des Rheins römisches Land. Römische Sprache, römi¬ 
sches Recht, römische Sitten fanden Eingang bei dem Volke, so daß 
germanische Stämme zu Romanen zu werden drohten. Wie war dem 
zu wehren? Armin hatte die gewaltige Macht Roms kennen gelernt; 
Deutschlands Fürsten und Stämme aber waren uneins, und so schien 
Deutschland bis zur Elbe römisch werden zu sollen. Schon stand 
Varus, der Feldherr des römischen Kaisers Augustus, in der Nähe der 
Weser, und deutsche Fürsten ließen sich an seiner Tafel den italischen 
Wein schmecken und sich in römischer Tracht von ihren Landsleuten an¬ 
staunen. Nutzlos sei es, so meinte vor allem Legest, der Oheim Ar¬ 
mins, sich den Römern zu widersetzen. Schädlich nannten es andre; 
machten die Römer doch aus den freien Bauern gehorsame Untertanen 
und ehrten bie Häuptlinge mehr, als dies deren eigene Volksgenossen 
taten. Aber die Freien und viele der Edeln dachten anders; nach Väter¬ 
weise wollten sie leben, nicht den Fremden dienen und zu Römern werden. 
Armin, der römische Ritter, war viel bei Varus, aber noch mehr 
auf den zerstreut liegenden Höfen der Häuptlinge und auf den Ver¬ 
sammlungen der freien Bauern. Überall fand er den gleichen Haß 
gegen die fremden Unterdrücker. In den Teutoburger Wald wollte 
man den Feind locken und dort gemeinsam überfallen. Dem Varus 
wird die Nachricht gebracht, ein ferner Stamm, der schon seine Unter¬ 
werfung angeboten hatte, habe sich empört. Solche Gelüste will er 
den Germanen austreiben. Mit einem großen Heere zieht er — es 
tvar im Spätherbst —, begleitet von deutschen Häuptlingen, darunter 
Armin, ins Innere bes unbekannten Lanbes. In ber Nähe bes Teuto-
	        
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