Das mykenische Zeitalter.
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Sage den König Minos, den ältesten Gesetzgeber Griechenlands. Resi-
denzen dieses Königs glaubt man in Knosos und Phästos wiedergefunden
zu haben. Jrrsale von Zimmern und Gängen erinnern an die Sage vom
Labyrinth. Auch finden sich mehrfach in Kreta nach Art von Theatern
mit Zuschauersitzen angelegte Höfe für Spiele.
§ 26. Fremde EinflüMe in der griechifchen Kultur. Parallel-
fnnde in Griechenland und in orientalischen Ländern, Ähnlichkeit der Bau-
art und Banforrnen in den Kulturen dieser Länder, Funde der Kleinkunst
und anderes liefern den Beweis, daß die durch die Ausgrabungen erschlossene
Kultur vorn Orient wesentlich beeinflußt ist. Diese Einflüsse er-
klären sich aus dem regen Handelsverkehr, der Griechenland schon srüh
mit dem Orient verband. Inwiefern dieser Verkehr direkt, inwiefern durch
die Phönizier erfolgt ist. ist im einzelnen nicht genau zu erkeuuen. doch
darf man wohl die Bedeutung der Phönizier als Vermittler zwischen Orient
und Hellas nicht zu gering veranschlagen. So lehnte sich die Architektur
an die ägyptische an, die Malerei zeigt babylonischen Einfluß, im
Festungsbau waren die Phönizier die Lehrer der Griechen, und auch
iu den übrigen Künsten macht sich die Einwirkung des Orients geltend.
Ein Dolch, auf dessen Klinge eine Löwenjagd in eingelegter Arbeit dar-
gestellt ist, zeigt an den Löwen und den Pflanzen die ägyptische Land-
schaft; ein Straußenei, von dem sich die Reste der Schale fanden, weist
uns lebhaft auf den Handelsverkehr zwischen Mykenä und dem Orient hin.
Auch die Sage, der man einen geschichtlichen Kern nicht abstreiten kann,
weist uns darauf hin, daß die mykenifche Kultur vou der höher ent-
wickelten orientalischen Kultur beeinflußt wurde, so die Sage von dem
Phönizier Kadmus. dem Erbauer der Kadmea in Theben, der den
Griechen die Buchstabenschrist brachte, von dem Ägypter Dan aus, der
nach Argos kam und dem „vieldurstigen" Lande den ersten Brunnen
schenkte, von dem Ägypter Cekrops, der die Cekropia baute und damit
den Anfang von Athen begründete, von Pelops, der aus Kleinasien in
den nach ihm benannten Peloponnes wanderte.
§ 21. Die Kultur der mykenifchen Zeit. Was lehren uns die
erwähnten und anderen Funde über den Kulturzustand der mykenischen
Periode? Etwa um 1500 bestanden an den Küsten des ägäischen Meeres
blühende Staaten unter erblichen Königen, die gewaltige Burgen
aufführten, über einen ungeheuren Reichtum verfügten und sich auf
ein ausgebildetes Heer stützten. Die Waffen bilden Bogen. Pfeil und
zweischneidiges Schwert. Wie es bei Homer geschildert wird, so erscheinen
auf Stelen, Vasen und Gemmen Streitwagen im Gebrauch. Auf dem
Bruchstück eines silbernen Bechers ist eine Kampfszene erhalten, andere
kämpfende Gestalten zeigt die erwähnte Dolchklinge. Nicht nur führten
diese Herrscher Kriege sür sich allein, sondern sie vereinigten sich auch wohl