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zu suchen, oas sie aufnähme, meist vergeblich, denn alle Ladres waren
voll und übervoll; wenn sie nicht in einem Ersatzbataillon Unterkunft
fanden, bildeten sie wohl sogenannte Nothelfer-Kolonnen, nicht selten
unter der Führung von Professoren, die trotz ihres Alters die innere
Bewegung nicht zu Hause litt, mit dem Hauptzweck, die Verwundeten
auf den Schlachtfeldern aufzulesen: sie sollten zahlreiche und gefähr¬
liche Arbeit erhalten. In allen Gemeinden entstanden Vereine zur Er¬
richtung zweckmäßiger Lazarette, zur Sammlung von Verbandzeug,
Lebensrnitteln, Kleidungsstücken aller Art für die Kämpfer und die
Kranken draußen im Felde.
Deutscher Gewerbefleiß hatte eine Menge junger Männer in alle
Länder Europas geführt; sie alle eilten auf die erste Nachricht, ohne auf
die amtliche Einberufung zu warten, zu den heimischen Fahnen zurück.
Die Schriftsteller riefen die Erinnerung an die gleiche Erhebung von 1813
wach; die Dichter fügten den alten Gesängen von Arndt, Körner und
Scl>enkendorf neue Kampfeslieder hinzu, einige, z. B. Geibels pracht¬
voller Siegesjubel, von höchster poetischer Wirkung; es gab keine Zeitung,
die nicht Tag für Tag die Begeisterung zu steigern gesucht hätte. Lange
Jahrhunderte waren vorübergegangen, wo überall Deutsche gegen
Deutsche gekämpft hatten, ohne zu wissen, was sie taten: jetzt endlich
war die deutsche Volksseele ihrer Einheit und ihrer Kraft sich bewußt ge¬
worden, und Millionen drängten sich mit freudigem Entschlüsse zu dem
neuentdeckten Bruderbunde und zur Abwehr des alten, schlimmen Wider¬
sachers. Dieser Krieg sollte nicht ein Turnierplatz ritterlicher oder diplo¬
matischer Kampfspiele werden: nein, es stand fest bei Fürsten und Bauern,
bei Staatsmännern und Soldaten: man wolle kämpfen bis zum letzten
Atemzüge oder bis zu der gründlichen Überwältigung des Friedens¬
störers. Alle anderen Interessen traten zurück, die Gegensätze der Par¬
teien und Konfessionen verblaßten; aus dem geselligen Verkehr ver¬
schwand der Luxus und die Eifersucht der Koterien; keine niedrige Sorge,
keine gemeine Selbstsucht durfte sich hervorwagen: es war, als träten
vor dem mächtig emporsteigenden Bilde des Vaterlandes die Menschen
besser und reiner geworden. Wer in Deutschland das Glück gehabt hat,
diese ersten Tage der nationalen Auferstehung zu erleben, wird ihr An¬
denken als heiligen Schatz sein Leben lang im Herzen bewahren.
Bemricb v. Svbel, Die Begründung iX's Deutschen Reiches.
85. Tie Emser Depesche. 13. Juli 1870.
Zum Rücktritt entschlossen trotz der Vorwürfe, die mir Noon dar¬
über machte, lud ich ihn und Moltke zum 13. Juli ein, mit mir zu
drei zu speisen, und teilte ihnen bei Tische meine An- und Absichten
mit. Beide waren sehr niedergeschlagen und machten mir indirekt
Vorwürfe, daß ich die im Vergleiche mit ihnen größere Leichtigkeit des
Rückzuges aus dem Dienste egoistisch benutzte. Ich vertrat die Meinung,
daß ich mein Ehrgefühl nicht der Politik opfern' könne, daß sie beide
als Berufssoldaten wegen der Unfreiheit ihrer Entschließung nicht die¬
selben Gesichtspunkte zu nehmen brauchten wie ein verantwortlicher
auswärtiger Minister. Während der Unterhaltung wurde mir gemeldet,
daß ein Ziffertelegramm, wenn ich mich recht erinnere, von ungefähr
200 Gruppen, aus Ems, von dem Geheimrat Abeken unterzeichnet^