Full text: Aus der deutschen Geschichte vom Beginne des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart (Teil 3)

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erreichen. Dort wollten wir die Elbe überschreiten und über Zerbst, 
Loburg, Genthin der Priegnitz zuwandern. 
lvilhelnr Harnisch, Mein Lebensnrorgen, Berlin 1865. 
8. Flucht der königlichen Kinder nach der Jenaer Schlacht. 
Aufzeichnungen des zwölfjährigen Kronprinzen. 
Den 17. Oktober (1806) morgens früh kam die Nachricht von dem 
unglücklichen Ausgang der Schlacht bei Auerstedt nach Berlin. Der 
Minister von Schulenburg drang daraus, daß wir noch an demselben 
Tage nach Schwedt abreisen sollten, nachdem wir den Mittag bei 
der Tante Solms gegessen hatten. 
Um 3 Uhr nachmittags verließen wir Berlin. Auf der Hundebrücke 
war ein solcher Andrang von Menschen, daß wir kaum hinüber durch 
konnten. 
In B e r n a u , wo wir frische Pferde bekamen, stiegen wir im 
Posthause ab. Bald aber setzten wir unsre Reise fort. Nun wurde es 
dunkel. Ein Stern trat nach dem andern hervor. Der Mond fing an 
zu scheinen. Wir stiegen aus, um den herrlichen Himmel recht mit 
Muße betrachten zu können, blieben aber nicht lange draußen; denn es 
fing an kalt zu werden. 
In S i d o w , einem kleinen Dorfe hinter Bernau, holten uns die 
übrigen Wagen ein, in welchen meine übrigen vier Geschwister, Cousin 
mit seiner Schwester sich befanden. Die Kinder des Herrn von Wedel, 
dem dieses Dorf gehört, und den wir während unsres Aufenthaltes in 
Freienwalde zweimal besucht hatten, luden uns ein, eine Tasse Warm¬ 
bier zu trinken. Dies nahmen wir gern an. Wir stiegen aus, und von 
allen andern Geschwistern begleitet, traten wir in dasselbe Zimmer, in 
welchem wir zwei so vergnügte Sommertage zugebracht hatten. Nach¬ 
dem wir uns etwas erwärmt hatten, reisten wir gemeinschaftlich weiter. 
Die Kälte verdrängte bald die wohltätige Wirkung des Warmbiers. 
Endlich kamen wir nach Neustadt-Eberswalde. Dort wechselten 
wir die Pferde und erwärmten uns durch eine Tasse Kaffee. Darauf 
fuhren wir weiter. Ich hüllte mich in einen Mantel ein, legte mich 
in die Ecke des Wagens und schlief ein. Mich fror ganz erbärmlich. 
Es war eine sehr kalte Nacht. 
Den 18. Oktober. Endlich kamen wir nach Angermünde. Wir 
stingen vor dem Posthause ab und gingen zuerst in eine Stube, in 
welcher es vor Tabaksrauch nicht auszuhalten war. Dort fanden wir 
unsre Kammerdiener und einen sehr groben und ungefälligen Post¬ 
meister. Wir wurden in dessen Stube geführt, wo es etwas mensch¬ 
licher war. Darauf gingen wir einen Augenblick in des Postmeisters 
Garten, in welchem wir sehr große Kürbisse fanden. Dieser Garten 
stößt hinten an die Stadtmauer an, an welcher die Ruine eines alten 
Turms steht. Nun begaben wir uns wieder in das Zimmer, wo wir 
ein förmliches Frühstück einnahmen. Wir wollten nun wieder fort¬ 
fahren, aber es waren noch keine Anstalten gemacht; denn die Post¬ 
halter wollten uns keine Pferde geben. Wir waren, wie man sich leicht 
denken kann, sehr böse, aber nach langer Widerrede von beiden Seiten 
mußten die Herren Posthalter nachgeben, und mit Sonnenaufgang 
fuhren wir fort.
	        
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